Hans Jendritzki (*1907–†1996)
Hans Jendritzki: Meister der Uhrmacherkunst und Wegbereiter der modernen Uhrenreparatur
Hans Jendritzki, einer der bedeutendsten Uhrmacher des 20. Jahrhunderts, wurde am 25. Juli 1907 in Wolmirstedt geboren. Er erlernte das Uhrmacherhandwerk von seinem Vater und setzte seine Ausbildung bei renommierten Uhrmachern in Hamburg und Luzern fort. Mit seiner umfassenden Expertise in der Reparatur und Konstruktion von Uhren prägte er die Uhrmacherwelt in mehrfacher Hinsicht: als Uhrmacher, Konstrukteur, Lehrer und Fachschriftsteller. Seine Werke gelten bis heute als unverzichtbare Referenzen für Uhrmacher und Uhrenliebhaber auf der ganzen Welt.
Die Vielseitigkeit des Hans Jendritzki: Uhrmacher, Konstrukteur, Lehrer und Autor
Hans Jendritzkis Karriere lässt sich in vier wesentliche Bereiche unterteilen: als Uhrmacher, der sein Handwerk zur Perfektion brachte, als Konstrukteur, der innovative Lösungen für Uhrenmechanismen entwickelte, als Lehrer, der Generationen von Uhrmachern ausbildete, und als Fachschriftsteller, dessen Bücher und Artikel bis heute als Standardwerke gelten. Diese vier Lebensbereiche beeinflussten sich gegenseitig und machten Jendritzki zu einer der prägendsten Figuren in der Uhrmacherkunst des 20. Jahrhunderts.
Der Uhrmacher: Präzision und Leidenschaft
Nach seiner Ausbildung bei seinem Vater Johannes und im Lehrbetrieb von Kitzki in Hamburg legte Jendritzki 1935 seine Meisterprüfung in Berlin ab. Im Anschluss arbeitete er bei renommierten Uhrenmanufakturen, unter anderem bei Gübelin in Luzern, einem der führenden Schweizer Uhrenhersteller. Diese Erfahrung prägte seine Leidenschaft für Präzision und hochwertige Uhrmacherkunst. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er in das Geschäft seines Vaters zurück und übernahm dieses nach dem Tod seines Bruders.
Jendritzki entwickelte im Laufe der Jahre eine tiefe Expertise in der Reparatur mechanischer Uhren und wurde für seine detaillierte Arbeit an komplizierten Uhrwerken bekannt. Seine Fähigkeiten als Uhrmacher wurden durch seine Fähigkeit, innovative Lösungen zu finden, ergänzt, was ihm den Weg als Konstrukteur ebnete.
Der Konstrukteur: Innovation in der Uhrenmechanik
1938 wurde Jendritzki an das Institut für Uhrentechnik und Feinmechanik in Hamburg berufen, wo er an der Verbesserung von Chronometern und B-Uhren für die Deutsche Seewarte arbeitete. Seine Aufgabe war es, die Ganggenauigkeit dieser Uhren zu verbessern und sie international konkurrenzfähig zu machen. Eines seiner bedeutendsten Projekte war die Entwicklung eines Anker-Chronometers mit elektrischem Antrieb für die Luftwaffe während des Zweiten Weltkriegs.
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit lag in der Entwicklung von Hemmungen mit konstanter Kraft, einer Mechanik, die eine gleichmäßige Energieabgabe im Uhrwerk gewährleistet. Diese Idee beschäftigte Jendritzki sein ganzes Leben lang und führte zu zahlreichen innovativen Konstruktionen. Zu seinen weiteren wichtigen Arbeiten zählen ein elektrisches Tourbillon und eine Sekundenpendeluhr in gestürzter Bauart, die 1980 vollendet wurde und heute im Uhrenmuseum Jürgen Abeler in Wuppertal ausgestellt ist.
Der Lehrer: Wegbereiter für die nächste Uhrmachergeneration
Neben seiner Arbeit als Konstrukteur widmete sich Jendritzki der Ausbildung junger Uhrmacher. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich an der Wiedereröffnung der Staatlichen Uhrmacherschule in Hamburg-Altona beteiligt. Als Lehrer prägte er eine ganze Generation von Uhrmachern und setzte neue Standards in der Uhrmacherausbildung. Seine Lehrmethoden kombinierten theoretisches Wissen mit praktischen Fähigkeiten, und er brachte seine Erfahrung aus der Werkstatt direkt in den Unterricht ein.
Besonders gefragt waren seine Konstruktionserfahrungen bei der Planung und Durchführung der Meisterstücke seiner Schüler. Er lehrte nicht nur die Grundlagen der Uhrmacherkunst, sondern auch die Fähigkeit, innovative und praktische Lösungen für komplexe Uhrwerke zu finden. Sein Einfluss in der Uhrmacherschule führte zur Mitverfassung des „Lehrbuchs für das Uhrmacherhandwerk“, das bis heute als eine der zentralen Referenzen in der Uhrmacherausbildung gilt.
Der Fachschriftsteller: Verbreitung des Uhrmacherwissens
Hans Jendritzki war nicht nur ein herausragender Uhrmacher und Lehrer, sondern auch ein begabter Autor. Schon früh begann er, sein Wissen in Form von Fachartikeln und Büchern zu teilen. Bereits 1934 arbeitete er als Schriftleiter für die Fachzeitschrift „Uhrmacherkunst“ in Berlin, eine Position, die es ihm ermöglichte, seine technischen Fähigkeiten und sein Wissen über die Uhrmacherkunst einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Buch „Die Reparatur der Armbanduhr“, das erstmals 1937 erschien und nach dem Zweiten Weltkrieg mehrfach überarbeitet und neu aufgelegt wurde. Es diente Generationen von Uhrmachern als Leitfaden für die Reparatur mechanischer Uhren. Ein weiteres bekanntes Werk ist „Der moderne Uhrmacher“, das in neun Sprachen übersetzt wurde und detaillierte Reparaturtechniken für mechanische Uhren beschreibt. Mit zahlreichen Illustrationen und Fotos erklärt Jendritzki hier Schritt für Schritt die verschiedenen Arbeitstechniken und den Einsatz von Maschinen und Werkzeugen.
Seine Buchreihe „Werkstattwinke des Uhrmachers“, die 1939 erstmals veröffentlicht wurde, erweiterte er nach dem Krieg um zwei weitere Bände. Diese Reihe bietet praktische Tipps und zeitsparende Arbeitsverfahren, die selten in anderen Fachbüchern zu finden sind. Jendritzki sammelte diese wertvollen Hinweise von Uhrmachern weltweit und schuf damit ein einzigartiges Nachschlagewerk für die Reparaturmechanik.
Die Zusammenarbeit mit führenden Uhrenfirmen und Verlagen
Durch seine engen Kontakte zu renommierten Firmen wie Bergeon und dem Scriptar-Verlag in Lausanne konnte Jendritzki seine Werke international veröffentlichen. Sein Buch „The Swiss Watch Repairs Manual“ konzentriert sich auf die Reparatur Schweizer Armbanduhren und wurde international ein Bestseller. Seine Werke zur Reparatur antiker Uhren, darunter „Reparatur antiker Pendeluhren“, bieten sowohl Uhrensammlern als auch Uhrmachern eine Fülle von Informationen zur Restauration und Pflege historischer Zeitmesser.
Besonders bemerkenswert ist seine Fähigkeit, komplexe Reparaturprozesse anschaulich darzustellen. Seine detaillierten Illustrationen und Anleitungen sind bis heute für viele Uhrmacher unverzichtbar. Jendritzki trug auch zum „Handbuch der Chronometrie und Uhrentechnik“ bei, einem von Professor Günther Glaser herausgegebenen Werk, in dem er das Kapitel über Hemmungen mit konstanter Kraft verfasste.
Nachlass und bleibender Einfluss
Hans Jendritzki verstarb 1996, doch sein Einfluss auf die Uhrmacherkunst bleibt ungebrochen. Seine Bücher werden weiterhin weltweit gelesen und dienen als Quelle des Wissens für Uhrmacher, Sammler und Restauratoren. Durch seine Innovationen, seine Lehrtätigkeit und seine zahlreichen Publikationen hat er das Feld der Uhrmacherkunst nachhaltig geprägt. Besonders bemerkenswert ist, wie er sowohl praktische als auch theoretische Aspekte der Uhrmacherei auf verständliche Weise vermitteln konnte.
Sein Buch „Der Uhrmacher an der Drehbank“ gilt weiterhin als eines der wichtigsten Werke für Uhrmacher, die sich mit der Arbeit an Drehmaschinen beschäftigen. Auch seine Schriften zur Reglage und Feinjustierung mechanischer Uhren (Die Feinstellung einer Unruhuhr) sind weiterhin gefragt. Der Verlag „Historische Uhrenbücher“ hat sich seiner Werke angenommen und sie einer neuen Generation von Uhrmachern zugänglich gemacht.
Wie repariert man eine Uhr?
Hans Jendritzki hat seine Erkenntnisse aus dem Bereich der Uhrenreparatur und des Uhrenservice in seine Uhrmacherbücher eingearbeitet, wobei die bei seinen Büchern allenthalben so geschätzte Gestaltung, leichte Lesbarkeit und Handhabung, geblieben sind. Unübertroffen sind auch die vielen kleineren und größeren Tips und Tricks, die der Autor im Laufe seiner langen Lehrtätigkeit sammeln konnte und in den Uhrmacherbüchern an den interessierten Leser weitergibt.