Was ist das BULOVA ACCUTRON?

31. August 2023 von Redaktion

Die Geschichte der Zeitmessung ist von Erfindungen geprägt, die umwälzende Neuerungen mit sich brachten und entscheidenden Einfluss auf das Leben ihrer Zeit nahmen. Waren in frühester Zeit die Sonnen-, Wasser- und Sanduhren noch ausreichend, stiegen die Ansprüche auf Genauigkeit mit der Erfindung und Weiterentwicklung der Pendeluhr, die jahrhundertelang in ihrer Präzision unerreicht war. Mit dem Anbruch des technischen Zeitalters wurden die Anforderungen an die Zeitmessinstrumente immer größer und heute stehen mit Quarz- und Atomuhren Zeitmesser zur Verfügung, deren Präzision kaum noch zu übertreffen ist.

Aber schon um 1960, dem Zeitalter der mechanischen Taschen- und Armbanduhr mit ihrer Unruhschwingsystem als Zeitnormal war die Entwicklung der Taschen- und Armbanduhr durch ständige Verbesserungen gekennzeichnet. Erfindungen wie z. B. das wasserdichte Gehäuse, der automatische Aufzug sowie die erst seit wenigen Jahren verwendete Mikrobatterie als Energiequellenersatz für die Aufzugfeder in Armbanduhren sind bedeutsame Fortschritte und hatten sich in der Uhrentechnik durchgesetzt. Doch bei all diesen entscheidenden Verbesserungen wurde das ,,Zeitnormal“ – das Pendel bzw. die von Chr. Huyghens erfundene Unruh mit Spiralfeder – nicht verändert.

Die Stimmgabeluhr von BULOVA

Der Firma BULOVA war es vorbehalten, eine gänzlich neue Epoche der Zeitmessung einzuleiten. Mit ihrer damals aufsehenerregenden Neukonstruktion, dem BULOVA ACCUTRON, schuf sie eine Uhr, die an Stelle der traditionellen Unruh ein Zeitmesselement von bedeutend höherer Genauigkeit besitzt. Im Jahre 1954 entwickelte der Schweizer Elektronik-Ingenieur Max Hetzel in den Laboratorien der Firma BULOVA in Biel (Schweiz) den Prototyp des ACCUTRON, in dem als Gangregler eine Stimmgabel verwendet wurde. Seit 1960 wird diese Armbanduhr in Serie hergestellt, und der damals wachsende Verkaufserfolg liefert den eindrucksvollsten Beweis für die überragende Qualitat dieser Uhr, die damals als wahrhaft zeitgemäß zu betrachten war.

Bulova-Werbung 1971, heir sieht man zwei Uhrenmodelle der Zeit
Bulova-Werbung 1971

Worin unterschied sich das BULOVA ACCUTRON von einer normalen Armbanduhr?

Wie schon erwähnt, wurde die traditionelle Unruh durch ein neues Bauelement, die Stimmgabel, ersetzt, deren Schwingungseigenschaften wesentlich höher und genauer sind als die der mechanischen Unruh. Die Kraft zur Aufrechterhaltung der Stimmgabelschwingung wird aus einer winzigen Batterie über einen elektronischen Stromkreis der Stimmgabel zugeführt. Der elektronische Stromkreis wird durch einen Transistor gesteuert. Eine entscheidende Verbesserung wurde auch dadurch erreicht, dass die Zahl der Einzelteile des Werkes – verglichen mit einer automatischen Uhr – wesentlich verringert werden konnte. Durch die geringere Anzahl der beweglichen Teile vermindern sich zwangsläufig die Fehlermöglichkeiten, und das ACCUTRON ist dadurch unempfindlicher und betriebssicherer.

Weiter Hinweise zur Technik der Stimmgabel (Biegeschwinger) finden Sie in dem Buch von Schönberg “Die Uhrmacherschule”, Bd. 5, S. 51 ff. und in dem von Schmidlin “Elektrische und elektronische Armbanduhren”, S. 141 ff.

Bulova Accutron von der Zifferblattseite, Benennung der Bauteile
Bulova Accutron von der Zifferblattseite, Benennung der Bauteile
Bulova Accutron von der Werkseite, Benennung der Bauteile
Bulova Accutron von der Werkseite, Benennung der Bauteile

Die Ganggenauigkeit des BULOVA ACCUTRON® beträgt 99,9977 Prozent!

Dieses erstklassige Gangergebnis hatte das ACCUTRON in erster Linie seiner Präzisionsstimmgabel zu verdanken. Im Vergleich zu einer Unruh mit Spiralfeder hat, sie einen geringfügigeren Positions- und fast gar keinen lsochronismusfehler. Das heißt, die Zeitengleichheit der einzelnen Stimmgabelschwingungen ist wesentlich genauer als bei einem Unruhschwinger. Die Firma BULOVA garantierte dafür, dass das ACCUTRON am Arm des Trägers eine Gangdifferenz von höchstens einer Minute im Monat aufweist – zu damaliger Zeit sensationell!

Wer sich über die Firma Bulova (heute eine Marke der Citizen Watch Europe G.m.b.H) und die aktuellen Uhren mit Stimmgabel unterrichten möchte, findet auf der Bulova-Firmenseite alle Informationen,

Wer es nun noch genauer wissen möchte, dem seien die folgenden Zeitdokumente als PDF empfohlen:

Wie erfolgt die Feinstellung der Bulova Accutron

aus NU, 19. Jhrg., 5/1965, S. 44 f., NN

Der Gang einer gebräuchlichen Uhr hängt von der Frequenz der Halbschwingungen ihrer Unruh ab. Diese Frequenz wird wiederum von der Länge der Spirale und dem Trägheitsmoment der Unruh bestimmt. Eine klassische Uhr wird deshalb feingestellt, d. h. man lässt sie schneller oder langsamer schwingen, indem man die aktive Länge der Spirale oder das Trägheitsmoment  der Unruh ändert. Zur Erzielung der ersten Korrektur verlagert man den Rücker.  Der  Verlagerungswert  wird  durch  die Bewegung  einer Spitze über einer gravierten Teilung auf dem Unruhkloben angezeigt.

Zur  Regulierung  der  Feinstellung
der elektronischen Uhr Bulova Accutron wird die Frequenz ihrer Stimmgabel geändert. Die Feinstellung des Accutron erfolgt mittels zweier winziger Gewichte, die als „Reguliermassen“ bezeichnet werden und auf den Schalen der Stimmgabel stecken (Abb. 1).

Die Reguliermassen der-Accutron
Die Reguliermassen der Accutron

Wie der Rücker einer gebräuchlichen Uhr sind diese Reguliermassen mit satter Reibung befestigt und können mit einem Holzstäbchen gedreht werden. Die Verdrehung einer Reguliermasse verlagert den Schwerpunkt der Stimmgabel und beschleunigt oder verlangsamt den Gang des Accutron, je nach der Drehrichtung.

Die Reguliermassen des Accutron sind aus zwei Gründen mit Zähnen versehen:
1. Zur leichteren Verdrehung.
2. Zum Messen der Verdrehung im Verhältnis zum Merkpunkt auf der Basis der Schalen.

Jede Reguliermasse weist sieben Teilungen auf, nämlich vier Zähne und drei Lücken (Abb. 2).

Man beachte die sieben Teilungen der Reguliermassen
Man beachte die sieben Teilungen der Reguliermassen

Jede dieser Teilungen entspricht einer Gangänderung von zwei Sekunden in 24 Stunden. Mit anderen Worten: Durch die Verlagerung einer Reguliermasse um eine ganze Teilung verändert  man den  Gang  des Accutron um zwei Sekunden pro Tag. Feinstellungen um eine halbe Sekunde pro Tag können durch Verlagerung einer Reguliermasse um eine Viertelsteilung erzielt werden. Am Merkzeichen oben auf der Schale kann der Wert der Verdrehung mühelos ermittelt werden.

Eine Gangkorrektur
kann sowohl an einer, wie an beiden Reguliermassen vorgenom­men werden; eine Retusche von vier Sekunden kann z. B. durch Verlagerung einer einzigen Reguliermasse um zwei Teilungen, wie durch Verlagerung der beiden Reguliermassen um eine Teilung erzielt werden.

Da jede Reguliermasse 7 Teilungen aufweist (jede Teilung entspricht zwei Sekunden pro Tag), ist es möglich, eine maximale Korrektur von 28 Sekunden pro Tag vorzunehmen.

Die Genauigkeit  der Accutron ist von Anfang so ausgelegt, dass eine Gangkorrektur von mehr als einigen Sekunden pro Tag nie notwendig wird. Ein Accutron, das in der  Woche mehr als eine Minute vor- oder nachgeht, benötigt eine Revision und nicht eine Feinstellung.

Zerlegen (Abb. 3 u. 4, Ziffern 1–5)
1. Den Sonderschlüssel  für  wasserdichte  Gehäuse  verwenden  und den  Verschlussring  lösen.
2. Den  Verschlussring  abnehmen.
3. Den  Bügel  des  Schlüssels  für  die  Zeigerstellung  aufstellen, damit der Gehäuseboden leichter entfernt werden kann.
4. Den Gehäuseboden  abheben  und  darauf  achten,  dass  er  nicht seitlich verlagert  wird; die Dichtung  wird  im Gehäuse  belassen.

Der Sonderschlüssel für wasserdichte Gehäuse. Zum Öffnen. Im Uhrzeiger-Gegendrehsinn drehen.
Der Sonderschlüssel für wasserdichte Gehäuse. Zum Öffnen. Im Uhrzeiger-Gegendrehsinn drehen.

5. Das Uhrwerk bleibt im Gehäuse. Die Feinstellung erfolgt, ohne dass das Uhrwerk ausgebaut oder die Batterie zurückgezogen wird.

Abb. 4: 1 Verschlussrlng; 2 Gehäuseboden; 3 Bügel des Schlüssels der Zelgerstellung; 4 Deckel für Batterie-Nische; 5 Dichtung; 6 Nocken; 7 Welle für Zelgerstellung; 8 Nute für Nocken
Abb. 4: 1 Verschlussrlng; 2 Gehäuseboden; 3 Bügel des Schlüssels der Zelgerstellung; 4 Deckel für Batterie-Nische; 5 Dichtung; 6 Nocken; 7 Welle für Zelgerstellung; 8 Nute für Nocken

Feinstellung
(Abb. 5 u. 6)
6. Mit einem Holzstäbchen eine oder beide Reguliermassen um die für die gewünschte Korrektur nötigen Teilungen nach der entsprechenden Seite verschieben. Eine Verlagerung der Reguliermasse in Richtung zum Uhrwerkrand (Abb. 5) bewirkt einen Nachgang; eine Verlagerung nach der Werkmitte ergibt einen Vorgang (Abb. 6).

Feinstellung
Abb.5 Feinstellung
Feinstellung
Abb.6 Feinstellung

Schließen des Gehäusebodens nach der Feinstellung
(Abb. 3 u.4, Ziffern 6 bis 8)
7. Der Verschlußring muß richtig eingelegt sein. Den Gehäuseboden auf das Gehäuse setzen und die Welle der Zeigerstellung sorgfältig in ihre Passung (s. Abb. 4) einrasten. Der Boden ist mit einem Nocken versehen, der in die Gehäusenute eingeführt wird zur Zentrierung des Bodens. (Wurde die Dichtung während des Arbeitsganges drei entfernt, wird sie vor dem Aufsetzen des Bodens eingelegt).
8. Den Schlüssel der Zeigerstellung um mindestens eine halbe Drehung verlagern, damit das Wellenviereck in das Zeigerstellrad einrastet.
9. Den Bügel des Schlüssels für die Zeigerstellung herunter klappen.
10. Den Verschlußring einsetzen und mit dem Schlüssel für wasserdichte Uhren festziehen.
11. Die Wasserdichtheit prüfen, bevor das Accutron seinem Besitzer wieder ausgehändigt wird.

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