Der Uhrmacher gestern, heute und in Zukunft
Michael Stern (unter starker Verwendung eines Artikel aus NUZ 17 u. 18/1976 von Georg Schindler)
„Je unruhiger die Welt wird, umso wichtiger ist es für die lebende Generation, nicht einseitig in den Interessen des Tages aufzugehen, sondern das Gedächtnis der Vorzeit zu pflegen und in ernster Betrachtung ihrer Denkmäler ein heilsames Gegengewicht gegen die ruhelosen Schwankungen der Gegenwart zu finden.“
E. Curtius (1814-1896)
Insgesamt hat sich die Uhrmacherei im Laufe der Jahrhunderte von einfachen Zeitmessgeräten zu komplexen und präzisen Kunstwerken entwickelt, die ein wichtiger Bestandteil unseres täglichen Lebens sind. Die frühesten Formen der Zeitmessung waren Sonnenuhren, die das Sonnenlicht verwendeten, um die Zeit anhand des Schattenwurfs zu bestimmen. Diese wurden von vielen antiken Zivilisationen wie den Ägyptern, Babyloniern und Griechen benutzt.
Vom Nürnberger Ei, der tragbaren Uhr des Meisters Peter Henlein; vom Stunden-, zum Minutenzeiger, zur Mikrosekunde und … , das ist der Weg, den die Zeitmessung zurückgelegt hat.
Die die Zeit digital anzeigende Quarzarmbanduhr ohne bewegte Teile am Handgelenk löst die mechanische Präzision der Selbstaufzugsuhr – der Automatic – ab. Zeitweise fragte man sich, ob einmal das ganze Vokabular des Uhrmachers von früher aus dem Fachwörterbuch getilgt wird?
„Federhaus, Minutenrad, Kleinbodenrad, Sekundenrad, Gangrad, Ankerhemmung, Unruh, Spiralfeder mit Breguet-Endkurve, antimagnetisch, 17 Jewels“ usw., alles nur ein Nachhall vergangener Zeiten?
Heute wissen wir es: Die elektronischen Quarzuhren verhalten sich zu den herkömmlichen Zeitmessern mit ihrer Mechanik wie Strahltriebwerke zu den Viertaktmotoren. Sie sind im Aufbau nicht ohne weiteres durchschaubar, aber sie haben eine viel geringere Zahl von beweglichen Teilen, das heißt von verschleißbaren Furnituren. Manche dieser Uhren haben, abgesehen vom Schwingquarz, überhaupt keine sich bewegenden Teile mehr!
Selbst den genauesten Zeitmessern waren durch die Metallwerkstoffe Grenzen auf dem Weg zur absoluten Genauigkeit gesetzt; nur mit Atomen ließ sich eine höhere Genauigkeit in der Zeitmessung erreichen. Die Genauigkeit der Zeitmessung der Atomuhr fand rasch praktische Anwendung in der Nachrichtentechnik und in den Schiffahrts- und Luftfahrts-Navigationssystemen. Laserstrahlmessungen, z. B. die Strecke von der Erde zum Mond, im interplanetarischen Vakuum erfolgen bereits mit Nanosekunden-Genauigkeit, das entspricht einer Milliardenstel Sekunde Genauigkeit und auf dem Mond einer Distanz von nur 30 cm Strahlbreite! Daraus lassen sich heute bedeutende Aufschlüsse über die Bewegung von Mond und Erde, die Polverschiebung, die Kontinentaltrift usw. finden.
Damit hat der Fortschritt der Zeitmessung die Grenzen der Zeitgenauigkeit erreicht. Die sog. „bürgerliche” Zeit unserer üblichen Uhren richtet sich heute nach der TUC (Temps universel coordonne), d. h. „koordinierte Weltzeit“, festgestellt durch die Cäsium-Atomuhr. Wir leben also in einer außergewöhnlichen Epoche der Zeitmesstechnik, die Auswirkungen auf das 600 Jahre alte Uhrmacherhandwerk haben wird, und die abzusehen sind.
Aber eins vorweg: Die mechanische Uhr lässt sich nicht unterkriegen. Neue Werkstoffe und neue Fertigungsmetoden haben seit ca. 1990 zu einer Renaissance dieser mechanischer Armbanduhren geführt, mit nie dagewesenen Komplikationen! Das Sammelgebiet Armbanduhr hat große Beliebtheit, Uhrenliteratur zur Reparatur wird wieder nachgefragt (www.uhrenliteratur.de).
Aber der Reihe nach, wobei wir hier den Bereich der Groß- und Taschenuhren nur am Rande streifen.
Der Uhrmacher gestern
Mit der Erfindung der tragbaren Uhr – der Taschenuhr – zu Beginn des 16. Jahrhunderts löste sich der Uhrenbau von der Schlosserei. Im Jahre 1556 erhielten die Nürnberger Uhrmacher eine eigene Zunft mit besonderen Rechten und Pflichten und bald folgten weitere Zünfte in den anderen Reichsstädten, so in Augsburg, Köln und Wien. Der Uhr-Macher hieß in diesen Zeiten „Ormaister“, anfangs war er meist Schlosser oder Büchsenmacher im Nebengewerbe. Schon früh trat jedoch eine Trennung ein: Großuhrmacher – Kleinuhrmacher.
1559 entstand die Genfer Uhrmacherzunft der Kleinuhrmacher, die Städte Paris, London, Augsburg, Wien u. a. bezeugen wenig später Kleinuhrmacher.
Die tragbare Uhr ist 1530 noch ein Geschenk für Fürsten oder bedeutende Personen, z. B. Luther erhielt eine Kleinuhr zum Geschenk. 1580 wird sie ein Objekt für reiche Patrizier, im siebzehnten Jahrhundert erobert sie den zweiten Stand, den Adel. Im 18. Jahrhundert ist die reich geschmückte Taschenuhr, – es gab schon Armbanduhren, Ringuhren damals – dem dritten Stand – dem Bürgertum – zu eigen und beim Aufkommen des industriellen Zeitalters wird sie dem Arbeiter, dem Proletarier unentbehrlich.
1867 schuf G. F. Roskopf die billige Taschenuhr und begann seine Massenfabrikation der „montres du proletaire”. Die erste größere Bestellung auf diese Art von billigen Uhren kam bezeichnenderweise von einem russischen Generalstabsmajor aus Helsingfors, der 240 Stück für seine Unteroffiziere anforderte, um diese zur Pünktlichkeit anzuhalten.
Die Großuhrmacher waren im 18. Jahrhundert noch „freie Künstler“, die Kleinuhrmacher jedoch von Anfang an Zunftmitglieder im damaligen Heiligen römischen Reich deutscher Nation. Als später die Großuhrmacher in die Zünfte aufgenommen werden mussten, kamen Streitigkeiten auf, die beispielsweise in München erst 1791 durch einen Vergleich beendet werden konnten. Jeder Meister war für seine Person – nicht für seine Gehilfen! – berechtigt, sowohl große wie auch kleine Uhren anzufertigen. Reparaturen durften an allen Uhren einschließlich Turmuhren von allen in einer Uhrmacherwerkstatt Beschäftigten vorgenommen werden.
In Bayern trat 1825 ein neues Gewerbegesetz in Kraft, hier traten an Stelle der Zünfte freie Gewerbeorganisationen. Nach der neuen „freien” Gewerbeordnung hatten nun alle Uhrmacher das Recht, Uhren aller Art zu verfertigen und zu reparieren; neben den eigenen Fabrikaten auch solche zu verkaufen, die im Handel bezogen wurden.
Der Handel mit Uhren war auch anderen Geschäften, besonders den Schmuckwarenhändlern, den Juwelieren erlaubt.
Anfertigung und Verkauf von hölzernen (sic!) Bauernuhren, ähnlich den Schwarzwälder Wanduhren, wurden als freier Erwerbszweig den Gebirgs- und Waldbewohnern Bayerns überlassen, damit sie sich während der Wintermonate einen Nebenverdienst schaffen konnten. Mit dem Einsetzen der Uhrgläser in Großuhren befassten sich sowohl die Uhrmacher als auch das Glaserhandwerk. Uhrkästen durften aber nur von den einheimischen Schreinern und Holzbildhauern angefertigt, also nicht von auswärts bezogen werden. So bestimmte es die alte bayerische Gewerbeordnung, die bis 1869 gegolten hat, in anderen Landesteilen Deutschlands wird es ähnlich gewesen sein.
Uhrmacher-Zünfte, die in Bayern 1825 schon aufgelöst waren, bestanden in Deutschland bis 1869 (Jahr der Gewerbefreiheit). Dresden besaß im Übrigen die letzte, noch mittelalterlich gegliederte Uhrmacher-Zunft. Nach 1869 traten überall in deutschen Landen an Stelle der Zünfte die freien Uhrmachervereine, die Innungen. Der Berliner Hofuhrmacher Reinhold Stäckel (1847–1897) gründete auf Anregung des Berliner Vereins 1876 den ersten Zentralverband Deutscher Uhrmacher, dessen Vorsitzender er bis 1892 war.
Etwa 1000 Mitglieder umfasste der erste Zentralverband in dieser Zeit. Höhepunkte waren die großen Verbandstage, wie der zur 400-Jahr-Feier Peter Henleins 1905 in Nürnberg, der gemeinsam mit dem deutschen Uhrmacher-Bund, gegründet von Carl Marfels, begangen wurde. Der Zentralverband Deutscher Uhrmacher bestand bis zur Auflösung des Deutschen Reiches im Jahre 1945. Das jahrelange erfolgreiche Wirken auf fachlichem Gebiet, auch im Vereins- und Fachzeitungswesen, im Ausbildungsbereich und das Auftreten dieser Standesorganisation durfte in der Welt beispielhaft gewesen sein! Die Uhrmacher von einst wurden durch ihren groß gewordenen Verband geprägt und wesentlich gefördert über Zeiten und Ländergrenzen.
Chronologie der Erfindungen in der ersten Periode der Uhrmacherkunst ab 1500
Peter Henlein, Schlossermeister in Nürnberg, baut zwischen 1500 und 1505 die erste in der Welt bekannt gewordene, tragbare Kleinuhr. Die ältesten Taschenuhren sind zylindrisch, ganz aus Eisen hergestellt. Auch in die damals beliebten Bisamäpfel werden von Henlein Uhrwerke eingebaut. Es gibt übrigens nirgends in der Welt eine signierte Taschenuhr dieses ersten Nürnberger Uhrmachermeisters.
1550 wird das Federhaus in den Uhren eingeführt. Vorher lief die Zugfeder zwischen den Gestellpfeilern ab.
1550 Die ersten Uhrgestelle aus Messing werden angewendet.
1580 Der Antrieb der Uhrwerke mit Schnecke und Darmsaite auf das Antriebsrad wirkend, ergibt einen genaueren Uhrgang mit der Waag (Foliot). Einführung der Radunruh anstelle des Foliot.
1600 Ovale tragbare Uhren, Halsuhren, als „Eyerlein“ – fälschlich als „Nürnberger Eyerlein“ bezeichnet, kommen auf. 1533 wurde bereits ein „französisches Uhrwerk“ in ovaler Form bekannt in der berühmt gewordenen Taschenuhr des Genfer Erzbischofs Pierre de la Baume, die er bei seiner Flucht aus Genf zurückgelassen hatte.
1601 Die Genfer Uhrmacher-Zunft erlässt eine Ausbildungsordnung für Lehrlinge und Gesellen zur Meisterprüfung. Es war dies die erste Ausbildungsordnung für Uhrmacher in der Welt.
1632 Erste Anwendung von Schmelzemail bei Taschenuhrgehäusen. Jean Toutin (1578–1644) aus Chäteaudun in Frankreich wendet als Goldschmied als erster die Emailtechnik von Limoges an goldenen Uhrgehäusen an. Neben Chäteaudun wird Blois berühmt und später Genf für schöne Taschenuhren mit Emaildekors.
1657 Mit der Einführung des Uhrpendels durch Christian Huygens (1629-1695) beginnt das Zeitalter der genauen Zeitmessung. Vorgänger: Leonardo da Vinci (um 1590) und Galileo Galilei (um 1640) zeichneten bzw. beschrieben die Pendeluhr theoretisch.
1664 Der Uhrmacher Gruet in Genf benutzt als erster die Schneckenkette statt der Darmsaite in Kleinuhren. Die Erfindung der Schneckenkette selbst geschah bereits früher, ihr Erfinder ist unbekannt geblieben.
1665 erfindet Huygens die Spiralfeder und schuf das Schwingsystem Unruh–Spiralfeder, das ab 1690 allgemein angewendet wird. Erste Taschenuhr mit Unruh-Spiralfeder etwa um das Jahr 1674.
1680 Uhren mit Minutenzeigern und Stundenzeigern auf einem Zifferblatt. Minutenangaben auf einem besonderen Zifferblatt finden sich jedoch schon früher, z. B. auf der Türmchenuhr des Veit Schauffel in München 1554.
1680 Rückführende Hakenhemmung von William Clement, London, eingeführt.
1686 Erste Viertelschlag-Repetitionsuhr von dem Londoner Uhrmacher Daniel Quare, gebaut für den König James II. von England.
1691 wendet der Referent Edward Booth, genannt Barlow, die Repetition in Taschenuhren an, ab 1750 wird die Repetition in Kleinuhren häufiger.
1695 konstruiert Thomas Tompion (1638–1718) die Zylinderhemmung. Über 100 Jahre dauert es, bis diese Hemmung allgemein in Taschenuhren verwendet wird, nachdem sie sein Schüler Graham 1720 verbessert hat.
1700 kommen die ersten Uhrgläser in Taschenuhren auf, früher waren keine vorhanden bzw. sie bestanden zusammen mit dem Gehäuse aus Bergkristall.
1704 wendet der Basler Fatio die ersten Lagersteine in Taschenuhren an.
1710 Die ersten getriebenen TaschenuhrÜbergehäuse aus Gold, Silber und Bronze, bis 1770 in steigender Zahl besonders in England.
1715 erfindet George Graham (1673–1751) die ruhende Hemmung für Pendeluhren, den sog. Grahamgang.
1721 Quecksilber-Kompensationspendel von Graham.
1724 erfindet der Pariser Uhrmacher Dutertre den Duplexgang, dessen Grundlagen Dr. Robert Hocke 50 Jahre vorher beschrieben hatte.
1748 verbessert Pierre Leroy (1717–1765) den Duplexgang, der ab 1840 in engl. Taschenuhren viel angewendet wird.
1750 konstruiert der Londoner Uhrmacher Thomas Mudge (1715–1794), ein Schüler Grahams, die freie Ankerhemmung für Taschenuhren. Durch Anbringung des Zuges vollendet Georges Auguste Leschot (1800-1844) im Jahre 1825 die Hemmung und machte sie erst für die Taschenuhr brauchbar.
1761 Der engl. Zimmermann John Harrison (1693–1776) erbaut sein 5. Seechronometer, das in 161 Tagen nur um fünf Sekunden abwich und gewinnt den ausgesetzten Preis von 20.000 Pfund Sterling.
1772 fertigt der Engländer John Arnold (1744-1799) die erste Kompensationsunruh, die er sich erst 1782 patentieren lässt. Er wendet auch als erster zylindrische Spiralfedern mit nach innen gebogenen Endkurven an.
1780 kommen in Frankreich die ersten Taschenuhren mit Tonfedern als Schlaguhren auf den Markt.
1780 erfindet Arnold eine Chronometerhemmung mit Hebflächen am Gangrad.
1790 baut Thomas Earnshaw (1749–1814) die erste, heute noch gebräuchliche Chronometerhemmung (Federhemmung) in seine Schiffschronometer ein.
1800 Der Sekundenzeiger für Taschenuhren kommt auf.
1800 Abraham Louis Breguet (1747–1823), der Welt genialster Uhrmacher, erfindet die aufgebogene Spiralfeder (die Breguet-Endkurve). Er wendet als erster Stoßsicherungen (Parachute) in seinen Taschenuhren an und am 9. Nov.1800 erhält er ein Patent auf das Tourbillon.
1807 baut Urban Jürgensen (1776-1830) in Kopenhagen sein erstes Taschenchronometer. Es besaß eine Wippenhemmung.
1815– 1821 arbeitet Abraham-Louis Perrelet (1729-1826) in den Pariser Werkstätten des A. L. Breguet an Taschenuhren mit Selbstaufzug und gilt seit 1770 als der eigentliche Erfinder der Automatic-Taschenuhr.
1822 Der Pariser Uhrmacher Rieussec erfindet den Chronographen (die Stoppuhr).
1842 erfindet Adrian Philippe (1815–1894) in Paris den Kronenaufzug (Remontoiraufzug) und wendet diese Erfindung als Teilhaber der Firma Patek Philippe in Genf an.
1845 gründet Ferdinand Adolf Lange (1815–1875) die Glashütter Taschenuhrenindustrie und baut seine ersten Präzisionstaschenuhren zuerst mit Stiftankerhemmung, ab 1850 mit dem bekannten Glashütter Kolbenzahnankergang mit Goldanker und Goldankerrad.
1850 beginnen Howard, Davis & Dennison in Roxbury (Boston) Mass. USA, die erste maschinelle Fertigung von Taschenuhren mit auswechselbaren Teilen. Aus dieser Fertigung entstand später die bekannte amerikanische Uhrenfabrik Waltham Watch Co. (1857–1957).
1860 begründet Edouard Philipps (1821–1890) die Theorie der Spiralendkurven und damit die Präzisionsreglage der Kleinuhr.
1860 erfindet Matthias Hipp aus Blaubeuren (1813-1893) in Zürich die Pendeluhr mit direktem elektrischen Antrieb.
1876 Gründung des Zentralverbandes Deutscher Uhrmacher in Berlin. Reinhold Stäckel, Hofuhrmacher in Berlin, war von 1876–1892 der erste Vorsitzende des Zentralverbandes der Uhrmacher.
1878 Gründung der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte durch den Zentralverband auf Anregung von Moritz Großmann (1826 –1885).
1897 Erfindung des Invarstahls (Nickelstahl, 36% Ni) von Professor Ch. E. Guillaume in Paris (1861–1922).
1898 Erstes Invar-Pendel von Dr. Siegmund Riefler in München (1847–1912).
1905 Aufkommen der Herren-Armbanduhren in der Schweiz, Damen-Armbanduhren kamen erst später auf den Markt.
1916 Die „Front-Armbanduhren“ aus der Schweiz mit dem „Fenstergitter“ zum Schutz des empfindlichen Glases werden auf beiden Seiten der Front im 1. Weltkrieg getragen. Das Leuchtzifferblatt wird allgemein beliebt.
1920 führt Charles Edouard Guillaume (1861-1938) die Elinvarspirale ein und verbessert damit den lsochronismus von Unruh-Spirale in den Taschenuhren.
1924 Harwood Automatic. Nach dem Patent des engl. Uhrmachers John Haarwood fertigt die Uhrenfabrik A. Schild in Grenchen für die Marke Harwood die ersten Automatic-Armbanduhren, Uhren mit automatischen Aufzug (Pendelautomatik).
1925 Einführung der Gadget-Uhren, Kugeluhren aus farbigem Metall als tragbare Kleinuhren.
1932 Die ersten selbstkompensierenden Spiralfedern (Nivarox 1-V) werden in Kleinuhren verwendet, entwickelt durch die von Reinhard Straumann (1892-1967) in Waldenburg (Schweiz) und der Fa. Heraeus in Hanau zusammengestellte Stahl–Nickel–Molybdän–Wolfram–Chrom–BerylliumLegierung. (Nivarox = nicht variabel und nicht oxidierbar).
1932 wird in Deutschland die Quarzuhr für astronomische Zwecke in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt durch A. Scheibe und W. Adelsberger zum ersten Male benutzt. Die erste Quarzuhr der Welt war bereits 1927 als Frequenznormal in den Bell Telephone Laboratories in New York City in Betrieb. (Zum Vergleich: 1927 benötigte die Quarzuhr in New York ein Zimmer von ca. 50 m3 ; 1976 wird eine Quarzuhr gleicher Genauigkeit in einem Armbanduhrgehäuse untergebracht!)
1934 Rolex in Genf stellt die neue, patentierte Rotor-Automatic vor, bei der die bisherige Pendelschwungmasse durch einen frei um 360° drehenden Rotor ersetzt wird.
1935 Aufkommen der ersten Uhren-Reinigungsgeräte in den USA.
1936 Anwendung von „Zeitwaagen“ bei der Reparatur und Feinstellung der Kleinuhren in den USA.
1939 Die ersten wassergeschützten Armbanduhren kommen als sog. „Taucheruhren“auf den Markt.
Dreihundert Jahre war im UhrmacherHandwerk der Uhrenbau noch vorherrschend, der Handwerker fertigte neue Uhren als UHREN-MACHER. Er baute die Groß- und Kleinuhren der Zeit und reparierte und war oft für sich ein kleiner Erfinder.
Mitte des neunzehnten Jahrhunderts begann die industrielle Produktion von Uhren in den Fabriken. Diese erste industrielle Revolution führte dazu, dass aus dem Uhrmacher der Uhrenreparateur wurde, vielfach in der Kombinationsform Uhrmacher und Augenoptiker, Uhrmacher und Goldschmied bzw. Uhrmacher und Juwelier.
Die Geschichte der Uhrmacherei offenbart so das menschliche Ringen um die technische Ausführung der Uhr – das Werksprinzip, um die künstlerische Ausgestaltung ihrer äußeren Form – das Schmuckprinzip. Der Uhrmacher früherer Zeiten war nicht nur Handwerker, sondern auch Künstler und man sprach immer von der Uhrmacherkunst.
Ihr Niedergang, hervorgerufen durch die erste technische Revolution in der Mitte des 19. Jahrhunderts, war nicht aufzuhalten. Im Uhrmacherhandwerk mussten neue Strukturen entstehen!
Der Uhrmacher ab 1940–1980
Der Übergang zur Neuzeit der Uhrentechnik verlief über die Automatic – die Selbstaufzugs-Armbanduhr –, es kam die ATO-Uhr auf, zuerst mit einem mechanischem Schaltelement, später mit Transistor, der elektronisch den Antrieb steuerte und damit steigt das elektronische Zeitalter auch in der Uhrmacherei herauf. Der Transistor festigt seine Position in den Zeitmessern und reiht bald die Uhrwerke der früheren Elektrotechnik in die Galerie der Veteranen ein. Der Transistor stößt in der entwicklungstechnischen Hauptrichtung weiterhin vor, gewinnt durch Verkleinerung und Vereinfachung (Mikroelektronik, integrierte Schaltungen). Die Ganggenauigkeit erfährt immer weitere Steigerungen, später auf das Zehn- und Hundertfache durch die Biegeschwinger (Stimmgabeln, Accutron) und Schwingquarze.
In den späten 1970er und 1980er Jahren führte die Quarzkrise zu einem drastischen Wandel in der Uhrenindustrie. Quarzuhren, die von batteriebetriebenen Quarzwerken angetrieben werden, wurden populärer und erschwinglicher als mechanische Uhren. Dies zwang viele traditionelle Uhrenhersteller dazu, sich anzupassen oder zu schließen.
Das Aufkommen der digital anzeigenden Uhren (Groß- und Kleinuhren) ohne bewegte Uhrwerksteile leitet im Uhrenbau eine neue Ära ein, die Zukunft der Uhrmacher wurde von vielen, zum Teil noch nicht vorhersehbaren, Neuerungen (Innovationen) und Einflüssen beeinflusst. Eine Verunsicherung im Fachgeschäft kommt auf!
Das Angebot umfasste mechanische Groß- und Kleinuhren, teilelektronische und vollelektronische Zeitmesser, die Stimmgabeluhren sind bereits überholt, die Quarzuhr ist die Zukunft. Ein Preisverfall ähnlich wie bei Taschenrechnern scheint sich anzubahnen, die digital anzeigende Quarzarmbanduhr mit LCD oder LED-Anzeige ist mehr davon betroffen als die klassische analog anzeigende Quarzarmbanduhr. Über 95% der Großuhren haben Zeigeranzeige, jedoch nur 20% der elektronischen Kleinuhren. Und das, obgleich bei Letzteren die Bauteile/Komponenten sehr einfach sind:
Aus einem einzigen 1-Hz-Ausgang leitet die bekannte Mechanik der Uhr die Anzeige von Stunden Minuten-Sekunden und die Kalender-Anzeige ab. Komplizierter sind die Module für digital anzeigende Quarzarmbanduhren ohne bewegte Teile (Solid-state-Modelle). Aus den USA kam die Bezeichnung der „Funktion“: Eine 2-Funktionenuhr zeigt beispielsweise Stunden und Minuten an. Kommen die Sekunden hinzu spricht man von einer 3-Funktionenuhr, bei Anzeige des Tagesdatum sind es 4 Funktionen und auch des Monats 5 Funktionen usw., usw.
Diese Anwendung der Mikroelektronik lässt bei Armbanduhren noch weitere Funktionen zu, z. B. ist es heute bereits möglich, persönliche Daten zu speichern. Ein elektronischer Kleinrechner – so wurden Sie damals genannt – kann mit der Uhr verbunden sein, der Taschenrechner am Handgelenk ist bereits realisiert. Die Armbanduhr wird Zeitmesser und Informationsuhr in einem. Der Preiskampf bei den Solidstate-Armbanduhren hat in den USA bereits begonnen und wird sich ähnlich wie bei Taschenrechnern auswirken, wo japanische Modelle innerhalb von 2-3 Jahren nur noch ein Zehntel kosten.
Technisch gesehen löst die Batterie in den tragbaren Uhren die Zugfeder ab.
Die mechanische Kleinuhr hat aber immer noch 90% Marktanteil. Sie hatte sich mit großem Erfolg den veränderten Lebens-, Arbeits- und Freizeitgestaltungen der Zeit durch beträchtliche Verbesserungen der Robustheit und Vielgestaltigkeit angepasst, wie es die stoßgesicherten, wassergeschützten, auf die Sekunde einstellbaren Armbanduhren zeigen. Weitere Beispiele dieser Anpassung waren die neuartigen Kalenderuhren, die mit dem Doppelkalender (Datum und Wochentag) und der Datum Schnellkorrektur.
Dass bei mechanischen Kleinuhren auch Innovationen noch möglich sind, beweist das Aufkommen von Armbanduhren mit doppeltem Federhaus, die sehr gute Reglageergebnisse zeigten, ferner die Verdopplung der Schlagfrequenz von 2,5 auf 5 Hz und die Verbesserungen der Stiftanker- und Palettenankerhemmungen. Schließlich stellt die automatische Armbanduhr hinsichtlich Konstruktion und Funktionsprinzip im Bereich der mechanischen Kleinuhren das am höchsten entwickelte Produkt dar, das im Laufe der letzten 100 Jahre immer mehr vervollkommnet wurde.
Das 200 Jahre alte Selbstaufzugsprinzip, erreichte mit dem „Rotor“, der frei rotierenden Schwungmasse, der die Zugfeder bei jeder Bewegung aufzieht und deren Spannung annähernd konstant hält, den Höhepunkt.
Parallel zur Entwicklung der Automatic-Uhr wurde an Werkstoffen, der Schmierung und den Fertigungsverfahren geforscht, und die Produktion gesteigert. Wir sehen das an der Preisgestaltung: Armbanduhrwerke blieben wie Glühlampen auf fast demselben Preisniveau, Kostensteigerungen konnten durch Innovationen im Bereiche der Fertigung fast ausgeglichen werden. Eine besondere Entwicklung der mechanischen Kleinuhr war die Herstellung des ersten, praktisch ausschließlich aus Kunststoff hergestellten, selbstschmierenden Armbanduhrenwerke (TISSOT Idea 2001). Die meisten Bestandteile des Uhrwerks wurden mittels Spritzguß hergestellt, einzelne Arbeitsgänge vereinfacht und damit die Gestehungskosten gesenkt werden. Trotz des enormen Entwicklungsaufwands konnten sich diese Werke auf Grund von nicht durchsetzen.
Die Industrie bot auch technisch „komplizierte“ Uhren wie Armbandchronographen, Armbanduhrwecker, Taucheruhren, Blindenuhren usw. an, wenn möglich mit Automatic-Werken ausgerüstet sind.
Parallel dazu erfolgte die Entwicklung der Damenuhren, allerdings mit einem durch die höheren Anforderungen der Miniaturisierung bedingten zeitlichen Rückstand.
Durch den Preisverfall der elektronischen Uhren erfolgte eine gigantische Umwälzung: Die mechanische Uhr hatte keine Überlebenschance, eine billige, leicht zu wechselnde Batterie ersetzt die Mechanik mit ihrer stählernen Zugfeder – Digitaluhren bieten mehr Funktionen fürs Geld und scheinen die Analoguhren endgültig zu verdrängen.
Das hat eine tiefgreifende Strukturänderung im Uhrengewerbe zur Folge. Der Wettbewerb wurde immer härter, fachfremde Vertriebskanäle durch die Großfirmen der Elektronikindustrie kamen auf.
Der Uhrmacher zwangsläufig wird zum Juwelier.
Die Vertriebsmethoden hatten sich gewandelt. Wollte das Uhrenfachgeschäft seinen Vorsprung gegenüber anderen Vertriebssystemen halten und Bestand haben, so war es unerlässlich für den Fachmann, mehr Lehrlinge als bisher auszubilden und sich in ganz großem Umfange weiterzubilden.
Der Verkauf erfordert Psychologie, schöpferische Fantasie, wirtschaftliches Denken, Einfallsreichtum und systematische Planung – alles Gegensätze, die in der Betriebspraxis verbunden werden müssen. Sie können nur von berufserfahrenen Kaufleuten miteinander in Einklang gebracht werden. Der Uhrmacher sollte also auch zusätzlich ein Kaufmann als Fachgeschäftsinhaber sein – Kaufmann und Mikromechaniker zugleich. Das erforderte ein ständiges Hinzulernen neuen Wissens durch die berufliche Tätigkeit selbst und Weiterbildungsmaßnahmen.
Das rasche Anwachsen des naturwissenschaftlichen, technischen Wissens auf dem Gebiet der gesamten Zeitmesstechnik; der Wechsel und die Verschiebung der Schwerpunkte in der beruflichen Arbeit, hier vom Uhrenverkauf zum Schmuckverkauf; das Vergessen des jeweils nicht angewendeten Wissens, z. B. in der Wartung bzw. Instandsetzung von Zeitmessern (z. B. Chronographen) erfordern ein neues Berufsbild, das großen Veränderungen unterworfen ist. Die neue „Verordnung über die Berufsausbildung zum Uhrmacher nebst Rahmenlehrplan vom 12. April 1976“ berücksichtigte bereits die Entwicklung der Zeitmesstechnik auf mechanischem und elektronischem Gebiet. Die vorgenommene Namensänderung der Innungen als „Innung für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik“ zeigt bereits den Weg, auf dem künftig die Uhrmacher-Handwerker von einst gehen und diese Wandlung zeigt sehr deutlich den Wandel eines alten Berufs auf. Der jetzt neue Berufsbildungsplan ist entsprechend gestaltet, er setzt eine genaue Abstimmung der Lehrinhalte in Schule und Betrieb voraus. Der Uhrmacherberuf ist übrigens der erste Ausbildungsberuf (Nr. 388 unter den 447 Monoberufen), der solch eine moderne Ausbildungsverordnung durchgebracht hat.
Neben der Betriebslehre sind weiterhin überbetriebliche Unterweisungen vorgesehen; sie erfolgen in Kursen, in denen jeder Auszubildende nur praktische Arbeiten ausführt, die in der Werkstatt des Betriebes kaum ausführbar sind. Es werden hierbei ganz besondere und spezielle Themen, wie z. B. das Arbeiten mit der Zeitwaage, Feinstellungentstellung ohne Rückerzeiger, Feinstellung von Quarzuhren mit speziellen elektronischen Einrichtungen usw. zu behandeln sein.
Zu dieser Zeit existiert bereits in beiden Teilen Deutschlands ein gut gegliedertes Schulsystem für die Auszubildenden im Uhrmacher-Handwerk. Neben den Landesberufsschulen bestehen die Berufsfachschulen in Furtwangen, Hamburg (auch Meisterschule), Pforzheim und Schwenningen. Diese „höheren“ Fachschulen werden ergänzt durch die Meisterschule in Hildesheim und durch die Schulungsstätte des Förderungswerks in Königstein. Die Lehrgänge in Königstein sind ausgerichtet auf die betriebswirtschaftlichen Fächer, und allgemein vertriebsbezogene Lehrgänge wie Verkaufsschulung und Werbung; Dekoration und Warenkunde sind daneben eingerichtet. Hier werden zusätzlich zu den Schulen noch Kurse für Uhrentechnik (speziell Quarzuhren) und weitere auf dem Edelsteinsektor (Graduierkurse) angeboten.
Weiterbildungsmöglichkeiten für den Uhrmacher gabt es wahrlich genug, leider wurden sie nicht immer so angenommen wie es geplant ist. Vielfach ist der Slogan: „Uhrmacher werde Kaufmann“ missverstanden worden. Jede Uhr hat bekanntlich zwei Seiten – eine Zifferblattseite und eine Werkseite. Genauso wie das Uhrenfachgeschäft Laden und Werkstatt hat. Noch viel zu wenig war sich der Uhrmacher seiner Stärke als Fachmann bewusst – die Uhrenreparaturen wurden als Service betrachtet und viel zu preiswert angeboten. Noch viel zu wenig setzt sich der Uhrmacher für seine fachliche Überlegenheit in der Werbung ein. Er ist es doch, der den Batteriewechsel für die elektronische Armbanduhr macht und den Service für alle Arten von Groß- und Kleinuhren ausübt.
Immer noch bleibt es die „hohe Schule“ des Uhrmachers wie eh und je: die Feinregulierung der Zeitmesser. Hier kann er bei der wissenschaftlich fundierten Bekämpfung des lsochronismusfehlers des Regulierorgans Unruh-Spirale seine Talente ebenso beweisen wie bei der Feinstellung bzw. Justierung des Quarzschwingers in den elektronischen Uhren von heute.
Aber, es war leider auch die Zeit der „flotten Reparatur“, deren Folgen noch heute etliche Uhren in ihrer Funktion beeinträchtigen. Der Preisdruck forderte seinen Preis – viele mechanische Großuhren wurden auf Quarzwerke umgestellt – Vieles war unwiederbringlich verloren.
Wie zeigt sich nun die Situation im Uhrenfach?
Die elektrische bzw. elektronische Großuhr ist bereits zu 95% unter den gängigen Uhren eingeführt, Reparatur und Service an diesen Uhren gehört zum täglichen Werkstattdienst. Die elektronischen Armbanduhren, analog und digital anzeigend, sind im Kommen, wobei der Analog-Anzeige noch der Vorsprung gehört.
Man denke einmal an die Ablösung der Spindeluhr durch die Zylinderuhr, sie hat immerhin mehr als hundert Jahre gedauert, die Ablösung der Zylinderuhr durch die Ankeruhr dauerte nur 50 Jahre und diese nächste Ablösung nur eine kurze Zeitspanne. Die Zeiträume der technischen Innovationen werden immer kürzer, das erfordert konsequentes Zulernen. Obwohl die Ganggenauigkeit nicht immer eine ausschließliche Rolle spielt, man denke an das Styling der Modeuhr, räumt ihr der Kunde eine große Bedeutung ein.
Der Käufer findet in den elektronischen Zeitmessern der letzten Generation dieser Zeit, die ohne bewegte Teile die Zeit anzeigen, die ihm, dem modernen Menschen, gemäße Uhr. So schreitet die uhrentechnische Forschung immer weiter vorwärts. Das Mondprogramm der NASA, der amerikanischen Raumfahrtbehörde war letzten Endes die Initialzündung für diese Mikroelektronik. Es entstanden die integrierten elektronischen Schaltkreise mit Hunderten von Schaltungen auf den Quadratzentimeter, ja auf dem Quadratmillimeter. Die Herstellung solcher integrierter Schaltkreise bedingt andere Fertigungen und der bisherigen Zeitmesstechnik fremde Technologien. Solid-state-Armbanduhren werden nun bereits von Firmen auf den Markt gebracht, die bisher nie mit Uhren zu tun hatten aber Halbleiter herstellten.
Das war eine ungeheure Herausforderung für die Fachindustrie und für den Fachhandel, eine Herausforderung wie sie noch nie da war. Wir dürfen deshalb die kommende Zeit mit Spannung erwarten. Gleichzeitig war aber daran zu denken, dass alle kaufmännische und fachliche Anstrengungen machen müssen, um die Existenz der Uhren-Fachgeschäfte zu halten, ja noch auszubauen. Es wurde vom Uhrmacher für die Zukunft mehr Fachkönnen gefragt sein als je zuvor.
Chronologie der Erfindungen in der bis 1980
1942 schuf Robert Ditisheim die erste Wecker-Armbanduhr der Welt, die „Vulcain-Cricket“ in La Chaux-de Fonds.
1944 entstand in der Schweiz die erste Fabrik für Stoßsicherungen, die Parechoc S.A.
1949 lief die erste Moleküluhr, geschaffen von dem Physiker Lyons im National Bureau of Standard in Washington mit einer Genauigkeit von 10-s/d.
1949 Weiterentwicklung der automatischen Armbanduhr nach dem Haarwood-Patent.
1950 Vorstellung der ersten automatischen Damenarmbanduhr mit einem patentierten Kugellager im Rotor, durch die Fa. Eterna in der Schweiz.
1950 Vorstellung der unzerbrechlichen Uhrfeder (Nivaflex) durch das Institut Straumann in Waldenburg/Schweiz und durch das Institut Vinetal, Genf.
1950 Bau der ersten elektrischen Armbanduhr mit Kontaktsteuerung und Unruhantrieb in den USA (Hamilton Watch Co.).
1952 Der Pariser Erfinder Dieude stellt seine elektrische Armbanduhr auf einer Tagung der Deutschen Ges. f. Chronometrie (DGC e.V.) in Hamburg vor.
1952 Aufkommen der ersten Plastik-Uhrteile in Deutschland und in der Schweiz.
1955 bauen L. Essen und J. Parry die erste Cäsium-Atomuhr, ein Frequenznormal mit einer Genauigkeit von 10-7s/d in den USA.
1956 Neue Definition der Zeiteinheit „Sekunde“ (s) durch das Comite International des poids et mesures (Ephemeridensekunde).
1957 Aufnahme der Massenproduktion von elektrischen Armbanduhren in den USA (Hamilton Watch Co. und Elgin).
1959 Die Porta-Lip-Electronic kann als die erste elektronische Armbanduhr mit Transistorsteuerung bezeichnet werden.
1959 Erste Stimmgabel-Armbanduhr, geschaffen durch den Schweizer Ing. Hetzel, wird von der Bulova Watch Cie. New York auf den Markt gebracht.
1960 erste elektrische Armbanduhr mit Zentralsekunde in der Schweiz (Fa. Landeron).
1961 erste elekt. Armbanduhr in Deutschland (Laco-electric) geschaffen von Lacher & Co., Pforzheim.
1964 erste elekt. Armbanduhr – die UMFelectric – in der DDR, fabriziert vom VEB KI. Gottwald in Ruhla (früher Gebr. Thiel).
1964 erste transistorisierte Herren-Armbanduhr Kaliber ESA 9100 der ersten Generation in der Schweiz (Ebauches).
1967 die erste elektronische Quarzarmbanduhr ATO-CHRON in Deutschland wird von der Fa. Junghans realisiert.
1968 entwickelt das Schweizer Forschungsinstitut CEH in Neuenburg eine Quarzarmbanduhr mit nur 30 s/a (30 Sekunden jährliche Abweichung) als Analoguhr – die dritte Generation der elektronischen Armbanduhr.
1969 entwickelt die Uhrenfabrik Tissot in Le Locle das erste Kleinuhrwerk aus Kunststoff in Zusammenarbeit mit den Farbwerken Hoechst a. Main.
1970 kommen auf der Basler Mustermesse die Quarzarmbanduhren der dritten Generation auf den Markt.
1970 entwickeln die amerikanischen Firmen Hamilton in Lancaster und die Electro Data in Garland die Solidstate-Armbanduhren mit Leuchtziffern (LCD-Anzeige mit Flüssigkristallen).
1972 die LED-Anzeige kommt bei elektronischen Armbanduhren auf.
1975 fertigen bereits die Schweizer Uhrenfabriken der Ebauches-Gesellschaft die Armbanduhren der 4. Generation in größeren Stückzahlen. Es sind die Quarzarmbanduhren mit LCD-Anzeige.
1975 In den USA werden die SolidstateArmbanduhren mit LED-Anzeige (Ziffern gebildet aus Leuchtdioden) zum Verkaufsschlager. Ein Preisverfall wie bei Taschenrechnern kündigt sich an.
1976 kommt die erste Quarzarmbanduhr mit LED-Anzeige kombiniert mit einem Elektronenrechner auf den Markt. Die zeitanzeigende Uhr erweitert sich zur Informationsuhr, vielleicht die Armbanduhr der Zukunft. (Pulsar-Armbanduhr).
1983 Verkauf der ersten Swatch Quarz-Uhr, die vollautomatisch gefertigt wurde.
1985 Die 10-millionste Swatch
1986 Der Preis einer Swatch-Uhr betrug 65,00 DM oder sFr 50.– (33,24 Euro) (UVP)
1990 falsches Datum!Das Swatch-SISTEM51 enthält das erste mechanische Uhrwerk der Welt, das aus nur 51 statt der üblichen 91 Teile besteht und nur eine Schraube besitzt (www.swatch.com/de-de/sistem-51.html)
In Folge kamen immer neue Swatch Modelle dazu: Skipassuhren, Modelle für Trendspartarten, später Türöffner, Abbuchungsgerät u.v.m.
Die Weltuhrenindustrie – in der Schweiz, in den USA, in Japan, Deutschland steht immer stärker unter dem Druck der „elektronischen Revolution“. Das Erscheinen der Solidstate-Armbanduhren ohne bewegte Räder- und Triebwerke zeigt dem Uhrmacher den Strukturwandel seines alten Gewerbes an. Er wird gefordert, er muss den Herausforderungen des technischen Wandels in seinem Beruf gewachsen sein, wenn er weiterhin in seinem Fachgeschäft als Fachmann gelten will. Das bedingt – wie schon erwähnt – für den Uhrmacher lebenslanges Lernen. Die Zeiten sind endgültig vorbei, wo die bestandene Meisterprüfung lebenslang die Qualifikation des Fachmannes im Beruf bedeutete.
Folgendes war in den 1980 Jahren schon absehbar: Die berufliche Anpassung an die schnelle technische und wirtschaftliche Entwicklung wird nur noch auf dem Wege einer ständigen Weiterbildung möglich sein. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, mit Sicherheit vorauszusagen, dass neue große Entwicklungen technischer, ökonomischer, sozialer und nicht zuletzt auch politischer Art folgen werden.
Der Uhrmacher war damit aufgerufen, sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Als Fachmann für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik wird er in einem erweiterten Berufsrahmen wirken. Seine Arbeit sollte kein Job auf Zeit, sondern Beruf und Lebensinhalt sein.
Eigentlich war zu dieser Zeit schon klar, dass sich der Uhrmacher auf ein oder Zwei Bereiche der Uhrenmesstechnik spezialisieren muss, um qualitätsvoll arbeiten zu können – leider versucht er es doch eher weiterhin als Allrouder!
Der Uhrmacher ab 1980
Von der Schlosserwerkstatt führte die Entwicklung der Zeitmesser mit ihren Räderwerken in das Kabinett des Uhrmachers, um schließlich in das Laboratorium des Physikers zu gelangen. Die konkret durchschaubare Räderuhr wurde zum Abstraktum der elektronischen Uhr ohne bewegte Teile, das Ziffernbild ersetzte das Zifferblatt.
Diese „3. industrielle Revolution“ – die elektronische – hat die volldigitalisierte Uhr hervorgebracht. Die Quarzarmbanduhr am Handgelenk löste vorerst die mechanische Präzision althergebrachter, feiner Uhren ab. Wir wissen es: Die traditionellen Uhren von früher sind damit in Frage gestellt – oder doch nicht?
Es hat ein Innovationsschub ohnegleichen stattgefunden. Das „Dopen” von SiliziumScheibchen von nur wenigen Quadratmillimetern ermöglicht es, die Leistungsfähigkeit solcher großintegrierter Schaltkreise zu vervielfachen. Es werden Tausende von elektronischen Bauelementen in wenigen Arbeitsgängen auf solche Scheibchen aufgebracht und untereinander „verdrahtet”. Sie bringen die Erschließung neuer Anwendungsgebiete in der Zeitmesstechnik.
Man denke auch an die Taschenrechner: Innerhalb von drei Jahren hat sich der gesamte Rechenmaschinen-Weltmarkt zugunsten der elektronischen Rechner umgeschichtet. Auch hier ist die Zeit der Mechanik vorbei.
Zwischenzeitlich wurde auch das Batterieproblem gelöst (Lithium-Zelle); die Solarzelle – die „Sonnenbatterie“ – ist bereits Standard, ebenso wie die Funkuhr.
Die elektronische Armbanduhr entwickelt sich zu einem elektronischen Armbandinstrument, bei dem die Angaben der Zeit nur noch eine von vielen Funktionen sein wird. Denken wir dabei an die Sportuhren mit ihren vielen Möglichkeiten.
Bei einer zwischen 200–300 Millionen Stück liegenden Weltuhrenproduktion hatte 1980 die Solid-state-Uhr einen Anteil der von mindestens einem Drittel. Dieser Anteil hat sich seitdem noch erheblich erhöht, da sich das Konzept der billigen Wegwerfuhr durchsetzt hat, die bereits jetzt im Einzelhandel zum Preis von 20–50 DM zu kaufen sind.
Konkret gesagt, das Problem der fachfremden Vertriebskanäle hat den Uhrenfachgeschäften zugesetzt: Elektronische Armbanduhren und Großuhren gab es beim Radiofachhandel, Büromaschinenhandel, im Papiergeschäft, im Supermarkt, Warenhaus oder sonstwo?
Gleichzeitig setzte ein Sterben vieler Werk- und Uhrenhersteller ein. Die Schweizer Uhrenindustrie erlebte die größte Krise aller Zeiten. Aus der Ebauches SA, dem Zusammenschluss vieler Werkehersteller blieb einzig die ETA übrig. Bei den Uhrenfirmen überlebten zunächst die Edeluhrenhersteller, die zwar auch auf Quarztechnik umstellten, aber den mechanischen Bereich weiter pflegten.
Und dann eine kleine Revolution: Die ersten Swatch Uhren – sie sind nicht reparierbar – eroberten 1983 den Markt und wurden zur sammelfähigen Kultuhr.
Genügte nun noch die jetzige Ausbildung zum Mikromechaniker, zum Uhrmacher der Zukunft gemäß dem Lehrplan Nr. 388? Neue Arbeitsstrukturen im Fachgeschäft werden mehr als bisher neue Kenntnisse, Selbstständigkeit und Verantwortung erfordern.
Einen weiteren Einbruch haben Uhren bei der jüngeren Bevölkerung erlebt: Immer mehr schauen zu Zeitbestimmung nur noch auf ihr langsam üblich werdendes Handy, eine Uhr wird nicht mehr getragen.
Gleichzeitig kam es aber auch zum Wiederentdecken der mechanischen Uhr. Dies manifestiert sich im Erscheinen mehrerer Uhrenzeitschriften, zuerst mit dem Uhren-Magazin 1989. Vor allem Männer erkennen speziell in den teureren Uhren ein Statusobjekt und in den mechanischen Armbanduhren ein interessantes Sammelgebiet. Gleichzeitig verliert das Sammeln von Taschenuhren an Bedeutung.
Auch Swatch folgte dem Trend: Das SISTEM51 enthält das erste mechanische Uhrwerk der Welt, das aus nur 51 statt der üblichen 91 Teile besteht.
Trotz der Dominanz der Quarzuhren erlebte die mechanische Uhrmacherei ab den 1990er Jahren eine Renaissance. Sammler und Liebhaber schätzten die Handwerkskunst und das Erbe mechanischer Uhren wieder, was zu einem Anstieg der Produktion und Nachfrage führte. Uhrenhersteller begannen, sich auf hochwertige, komplexe Uhren mit verschiedenen Funktionen zu konzentrieren, um sich von der Massenproduktion abzuheben. Dies führte zu einer verstärkten Forschung und Entwicklung neuer Techniken und Materialien, um die Leistung und Zuverlässigkeit von mechanischen Uhren zu verbessern.
Der Aufstieg von Smartwatches in diesen Jahren hat die traditionelle Uhrmacherei beeinflusst, indem sie eine neue Art von Verbrauchern angezogen hat, die Interesse an Technologie und Funktionalität haben. Einige traditionelle Uhrenhersteller haben begonnen, Hybriduhren anzubieten, die traditionelles Design mit Smartwatch-Funktionen kombinieren.
Der Uhrmacher ab 2000
Neue Ausbildungsformen haben auch im Uhrmacherberuf Einzug gehalten. Die Stufen-, Blockausbildung und die vollschulische Ausbildung zum Uhrmacher greifen immer mehr Raum. So fahren Berliner Uhrmacherauszubildene zum Blockuntericht nach Hamburg, da es in Berlin keine schulische Ausbildung für die noch vier Auszubildenen gibt. Immer weniger Uhrmacher können oder wollen noch ausbilden, junge Uhrmacher kommen verstärkt aus der vollschulischen Ausbildung – die talentierten von Ihnen gehen oft in die Schweizer Uhrenbetriebe.
Einen Allround-Uhrmacher kann es bei dem so großen Gebiet der Zeitmesstechnik nicht mehr geben.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Nachfrage nach Luxusuhren erhöht, insbesondere in aufstrebenden Märkten auf anderen Kontinenten. Schweizer Uhrenmarken behaupten sich weiterhin als führende Anbieter von Luxusuhren, obwohl auch Hersteller aus anderen Ländern an Bedeutung gewinnen.
Speziell mechanische Uhren mit Komplikationen sollten nur von spezialisierten, speziell geschulten Uhrmachern revidiert werden. Ohnehin sind die großen Hersteller mechanischer Uhren dazu übergegangen, nur noch lizensierte Betriebe mit entsprechender Qualifikation mit ihren Ersatzteilen zu versorgen – der kleine (ungeschulte) Uhrmacher steht außen vor (Und das ist gut so!). Dazu kommen Innovationen, die ein Uhrmacher nur selten beherrscht (z. B. Bauteile aus Silizium, etc.)
Uhrensammler haben zunehmend Probleme damit, einen geeigneten Uhrmacher für die Revision ihrer mechanischen Armbanduhren zu finden. Gleiches gilt für komplizierte Taschen-, aber auch Großuhren. Und die alten elektrischen und elektronischen Uhren können nur noch vereinzelte Spezialisten reparieren.
Die Ausbildungsaufgaben sind inzwischen andere, denn Rolle und Profil des Uhrmacher-Juweliers bzw. des Zeitmesselektronikers (Uhrmacher-Elektronikers) sind andere als früher. 2023 sind in Deutschland noch 2500 Uhrmacher gemeldet – es werden immer weniger.
Vielleicht bedeutet die weitere Schaffung von Reparaturzentren, die wegen der Spezialisierung und Serienarbeit imstande sind, alle außerhalb des Servicedienstes in den Fachgeschäften anfallenden Instandsetzungen von Uhren und Schmuck zu übernehmen, ein wirklicher Fortschritt in der Zukunft?
Der Uhrmacher ist inzwischen keiner mehr, er ist im wahrsten Sinne Zeitmesser-Instandsetzer in seiner Werkstatt, sofern er überhaupt noch eine besitzt, geworden.
Er sollte sich spezialisieren zum Zeitmesselektroniker oder als Fachmann für die die Wartung und Pflege einfacher mechanischer Uhren oder für Uhren mit Komplikationen (z. B. Chronographen). Das komplette Gebiet der Uhrmacherei können nur noch „Universalwissenschaftler“ überblicken.
Die Instandsetzung der Uhr, des Zeitmessers, wird vermutlich in Zukunft immer mehr in Reparaturzentren erfolgen. Diese können eine Vielzahl von Zeitmesser-Reparateuren beschäftigen, jeder mit einem Spezialgebiet.
Der im Handel tätige Uhrmacher sollte sich auf einfache Servicearbeiten beschränken, die er beherrscht – zum Wohl der Uhren und des Kunden.
Wer den Beruf des Uhrmachers erlernen will, dem sei diese Seite empfohlen: www.azubiyo.de/berufe/uhrmacher/ und natürlich die Grundlagenliteratur aus dem Verlag Historische Uhrenbücher www.uhrenliteratur.de