Zur Geschichte der Stoßsicherung in mechanischen Kleinuhren

5. Januar 2024 von Redaktion

von Werner Winkler, Dresden
aus: UHREN UND SCHMUCK, 1973, BERLIN 27 (1990) 3 (S. 68 ff. u. 4 S. 121 ff.)
Hrsg. und Bearbeiter: Michael Stern ©, Berlin 2023

Der Artikel ergänzt das Buch: „Die Armband- und Taschenuhr in der Reparatur“.

Einleitung

Die nachfolgenden technikgeschichtlichen Ausführungen haben die Sicherung der Funktionsfähigkeit von mechanischen Kleinuhren bei von außen wirkenden Stößen zum Inhalt, d. h. von Armband- und Taschenuhren, deren Schwingsystem durch Unruh und Spiralfeder gebildet wird. Derartige Uhren werden seit mehreren Jahrhunderten gefertigt, wenn auch seit etwa 30 Jahren die Anzahl der mit solcherart mechanischen Schwingsystemen ausgerüsteten Uhren rapid abnimmt. Viele Jahrzehnte bemühten sich zunächst die mit handwerklichen Methoden arbeitenden Uhr”macher” und später die in der Industrie tätigen Konstrukteure, eine Sicherung der tragbaren Uhren gegen Stöße zu erreichen, da diese Stöße den Gang der Uhr beeinflussen oder zum Funktionsausfall des Zeitmessers führen können. Beispielsweise durch den Bruch oder die Deformation der Zapfen und/oder der Lagersteine. Selbst bei der besten und feinsten tragbaren Uhr wird der Gebrauchswert wesentlich verringert, wenn sie den täglich vorkommenden Einflüssen wie Stoß oder Fall nicht standzuhalten vermag.

Die Art der Vorrichtungen, die im Laufe der Zeit entstanden, sind verschieden. Zumeist sind sie an der Unruh zu finden, da dort die größte Gefahr besteht. Die Zapfen der Unruhwelle sind so dünn und haben schon eine sehr große Masse zu tragen, dass von einem Standhalten bei Stoß oder Fall nicht gesprochen werden kann. Die sicherste Abhilfe bestünde darin, die Unruhzapfen so stark wie die der Laufwerkräder zu machen, die den äußeren Einflüssen besser widerstehen, zumal sie auch weniger Masse haben. Leider gibt es auch darin Grenzen, da ein stärkerer Zapfen zu viele Nachteile mit sich bringt, die der Forderung nach guten Gangergebnissen entgegenstehen. Eine wirksame Stoßsicherung kann mithin nur dann gegeben sein, wenn die bei Schlag oder Stoß auftretenden Kräfte an einer anderen Stelle als an den Zapfen abgefangen werden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn Uhren angetroffen werden, in denen eine Sicherung z. B. durch das Einlegen eines federnden Metallringes in das Gehäuse erreicht werden soll.
Im Laufe der Entwicklung wurden Stoßsicherungen auf den Markt gebracht, die allen Forderungen entsprechen. Obwohl die Abweichungen innerhalb einer Grundtype minimal sind, verzeichnen wir mehr als 60 verschiedene Sicherungen. Diese Vielzahl stand einer auf internationaler Ebene angestrebten Standardisierung im Wege und erschwerte der Industrie und dem Handwerk die Arbeit erheblich, auch wenn im Laufe der Zeit, aus den verschiedensten Gründen, nur noch etwa fünf Grundtypen von verschiedenen Herstellern gefertigt werden.


Allg. Begriffsbestimmungen und Forderungen

Das Wesen des Stoßes
Unter einem Stoß versteht man die gegenseitige Kraftwirkung beim kurzzeitigen Zusammentreffen zweier Körper, wobei eine plötzliche Änderung ihrer Geschwindigkeiten eintritt.
Als wichtigster Satz gilt: Eine beschleunigte Bewegung, hervorgerufen z. B. durch einen Fall, kann nicht plötzlich Null werden, ohne das ein Stoß entsteht.

Begriff der Stoßsicherung

Unter einer Stoßsicherung versteht man eine Vorrichtung, die bei auftretendem Stoß (z. B. hervorgerufen durch einen Fall) die Funktionsfähigkeit der Kleinuhr gewährleistet. Dabei ist es gleich, ob die Sicherheitsvorrichtung im Werk, im Gehäuse oder an den stoßempfindlichen Teilen angebracht ist oder wirksam wird. Die auftretende kinetische Energie setzt sich durch die Stoßsicherung in potentielle Energie um


Forderungen an Stoßsicherungen

Seit Anfang der 70er Jahre sind durch die ISO und auf nationaler Ebene die Forderungen, die durch Stoßsicherungen erfüllt werden müssen, in Standards festgelegt. Sie besagen:
Stoßsichere Kleinuhren müssen einen freien Fall aus einem Meter Höhe in beliebiger Lage auf einen horizontalen Hartholzfußboden (oder eine dementsprechende Belastung) ertragen, dabei dürfen keine die Arbeitsfähigkeit der Uhr beeinträchtigende Beschädigungen von Werk- oder Gehäuseteilen auftreten, die dadurch verursachte Gangdifferenz darf maximal 60 Sekunden pro Tag betragen.
Bei Einhaltung dieser Forderung ist der Begriff und damit die Kennzeichnung ,,stoßsicher” gestattet. Diese Forderungen gehen über den bloßen Schutz der Zapfen und Steine bei auftretenden Stoßen hinaus, da die Arbeitsfähigkeit der gesamten Uhr (z. B. Glas, Zeiger, Aufzugwelle, automatischer Aufzug usw.) betrachtet wird. Unkomplizierte Gestaltung und Auswechselbarkeit der Teile untereinander bei minimaler Teilezahl, leichtes Ölen und einwandfreie Ölhaltung sowie eine geringe Bauhöhe sind weitere Forderungen, die von Anwendern und Reparateuren gestellt werden.

Ölhaltung bei Stoßsicherungen

Von großer Bedeutung ist die Ölhaltung. Das Öl muss unbedingt an den Reibungsstellen festgehalten werden. Die Form und die Lagerung der Steine ist dabei nicht zu unterschätzen. Im Bild 1 ist die Funktion des bombierten Lochsteines in Bezug auf die Ölhaltung dargestel

Ölhaltung bei Stoßsicherungen
Ölhaltung bei Stoßsicherungen

Der Abstand zwischen beiden Steinen wird in Richtung zur Zapfenlagerstelle immer geringer, der Spalt verengt sich nach der Mitte, folglich wird die Kapillarität das Öl nach dem Zapfen hin saugen. Wie bei einem Selbstöler wird der gesamte Ölvorrat in dem Maße zur Reibungsstelle nachfließen, wie er dort verbraucht wird. Es ergibt sich, dass ein richtig eingesetzter Lochstein, wie er jetzt in allen handelsüblichen Stoßsicherungen üblich ist, keine Schwierigkeiten in Bezug auf das Festhalten des Öles bereitet. Bedeutend schlechter ist die Ölhaltung, wenn der Lochstein nicht gewölbt ist. Bei einer Ausführung wie im Bild 2 besteht besonders bei zu großer Ölmenge die Gefahr einer Abwanderung des Öles in die Trennfuge zwischen Deckstein- und Lochsteinaufnahme (Fassung). Beim kurzzeitigen Abheben des Decksteins (max. 0,06 mm bei axialer Stoßrichtung) und Zerreißen des Ölfilms verhindert die Trägheit” des Schmiermittels dessen Wegfließen.
Wichtig ist, dass in der Normallage kein Stein unflach liegt und Loch- und Deckstein ungefähr den gleichen Durchmesser haben.

Die Fallhöhen

Sehr oft findet man in der Presse und in Inseraten der Hersteller von Stoßsicherungen phantastische Zahlen über die Höhen, aus denen Uhren mit Stoßsicherungen abgeworfen werden. Dazu ist folgende Überlegung nötig :
Die frei fallende Uhr kann bei großer Fallhöhe höchstens die Geschwindigkeit erreichen, bei der die Masse der Uhr gleich dem Luftwiderstand ist, der dem Fall entgegenwirkt. Es lässt sich errechnen, dass im Durchschnitt (je nach Masse der Uhr) diese Geschwindigkeit etwa 30 m/s beträgt. Eine Uhr schlägt somit auch nach einem Abwurf aus einem Flugzeug nicht wie ein Geschoss auf den Boden auf. Daraus ist ersichtlich, dass die Stoßsicherung über eine bestimmte maximale Kraft hinaus nicht beansprucht wird.


Geschichtliche Entwicklung der Stoßsicherungen

Eine Sicherung der Unruhwelle gegen Stoß erfolgte erstmalig im Jahre 1820, also in der Zeit, da man mit der serienmäßigen Herstellung von Uhren begann. Vor etwa 170 Jahren befasste sich Breguet mit dem Problem. Er schuf eine Einrichtung, die unter der Bezeichnung ,,parachute” (Fallschutz) bekannt war (Bild 3). Dabei war der obere Deckstein mit dem Lochstein in einem am Unruhkloben festgeschraubten, ziemlich fein ausgearbeiteten Stahlteil federnd gelagert. Damit wurden axiale und radiale Stöße wenigstens zum Teil gemildert. Es kam aber vor, dass der untere Unruh- bzw. Zylinderzapfen bei einem Stoß aus dem Zapfenloch heraussprang.

Bild 3: Die erste Stoßsicherung von Breguet

Die Uhr blieb dann im günstigsten Falle sofort stehen. Da aber die damaligen Kaliber der Taschenuhren eine ganz andere Dimensionierung der Unruhwellenzapfen zuließen, war ein Bruch weniger häufig als eine Störung der Windungen der Spirale.

Die Idee von Breguet wurde um 1870 wieder aufgegriffen und führte zu der in den Bildern 4, 5 u. 6 dargestellten Einrichtung, die in der Schweiz Patentkraft erlangte. An dem Unruhkloben (1) befand sich zentrisch mit dem Lochstein eine runde am Rande unterdrehte Erhöhunq (2), um die der aufgesprengte Rückerzeiger (3) gedreht werden konnte. Der Kopf einer Feder (4) passte in die flache Ausdrehung des Klobens hinein. Gleichzeitig war im Kopf der obere Deckstein (5) gefasst. Der Lochstein hatte die im Bild 6 dargestellte Form und war nicht gefasst, sondern in eine genau passende Ausdrehung des Klobens (1) eingelegt, wie aus Bild 5 ersichtlich ist. Die Kraft der Feder hielt ihn in der richtigen Lage.

Bilder 4 bis 6: Eine Stoßsicherung nach Breguet aus der Zeit um 1870
Bilder 4 bis 6: Eine Stoßsicherung nach Breguet aus der Zeit um 1870

Der Spiralrollenansatz (6) war so hoch wie zulässig und reichte fast bis an die untere Fläche des Unruhklobens (1). Die Bohrung (7) für den Durchgang des Wellenansatzes war nur wenig größer als der Ansatz selbst. Bekam die Unruh nun einen Stoß in axialer Richtung, so gab die Feder (4) nach, bis der Spiralrollenansatz (6) gegen den Kloben stieß. Die Feder sorgte wieder für die Rückführung, ohne dass Zapfen oder Deckstein eine Beschädigung erfahren hatten. Erfolgte ein Stoß in radialer Richtung, so kam der keglige Teil (8) des Lochsteines zur Wirkung. Der Stein glitt seitwärts nach oben bis der Wellenansatz (6) am Kloben anlag. Die Feder (4) sorgte wieder für die Rückführung. Das untere Zapfenlager war mit der gleichen Vorrichtung versehen, nur erfolgte der Anschlag gegen die Platine (9) durch die Unruh, die knapp über derselben lief. Da die Lochsteine besonders große und tiefe Versenkungen hatten, wurde der aus seinem Lager gekommene Zapfen leicht und sicher wieder eingeführt.

Bild 7: Stoßsicherungsversuch durch eine Unruh mit federnden Schenkeln

Etwa um 1890 wurde die im Bild 7 dargestellte Unruh mit federnden Schenkeln für Deutschland patentiert. Wie dargestellt, ist die Welle (4) mit dem Reifen (1) nicht durch starre, sondern federnde Schenkel (5) verbunden.

Die Arme (2 und 3) sind sehr kurz und führen spiralförmig zur Welle (4). Um aber bei Stößen in beiden Richtungen wirksam zu sein, mussten die federnden Schenkel (5) sehr dünn gehalten werden. Dadurch würden sie aber bei jeder Schwingung der Unruh unter der Wirkung der Zentrifugalkraft federnd nachgeben. Da außerdem durch Temperaturänderungen die zentrische Lage der Welle (4) nicht mehr gesichert war, ist diese Erfindung völlig unbrauchbar.
Die Stoßsicherung durch Einlegen eines federnden Metallringes in das Gehäuse (Bilder 8 u. 9) erschien etwa um die Jahrhundertwende auf dem Markt. Um das Werk wurde ein dünner Ring gelegt, aus dem, wie in den Bildern dargestellt, mehrere Zungen (1 und 2) ausgestanzt und so herausgebogen waren, dass sie federnde Puffer bildeten.

Bilder 8 u. 9: Stoßsicherung durch einen federnden Metallring, der das Gehäuse eingelegt wurde
Bilder 8 u. 9: Stoßsicherung durch einen federnden Metallring, der das Gehäuse eingelegt wurde

Da das Prellen einer Unruh Schwankungen im Gang der Uhr und auch den Bruch des Zapfens hervorrufen kann, sind etwa 1913 eine Anzahl von Sicherheitsvorrichtungen zum Patent angemeldet worden.

Bild 10: Elastische Prellvorrichtung für Zylinderuhren

Bild 10 zeigt eine elastische Prellvorrich­tung für Zylinderuhren. Die Feder (1) ist an Stelle des sonst üblichen Prellpfei­lers zwischen zwei als Anschläge dienen­ den Stiften angebracht. An der Spitze der Feder schlägt der Prellstift (2) an, wenn die Uhr Stöße erhält. Dadurch ist eine Be­schädigung der Zapfen ausgeschlossen. Die Gangbeschleunigung wird allerdings dadurch nicht aufgehoben.

In den Bildern 11 u. 12 sind zwei Varianten der Vorrichtung im Bild 10 gezeigt. Dabei liegt der Anschlag im Bild 11 unterhalb des Klobens, bzw. sind im Bild 12 anstatt des Prellstiftes zwei schmale Federchen an der Unruh angebracht. Deren Spitzen liegen an den Stiften (1 und 2) an und schlagen beim Prellen an den Prellpfeiler (3).

verschiedene Lösungen zur Stoßsicherung aus der Zeit vor 1920
Bild 11 bis 13: verschiedene Lösungen zur Stoßsicherung aus der Zeit vor 1920

Im Bild 13 sind die beiden Gabelhörner (1 u. 2) federnd gestaltet. Wenn nun die Gabel rechtsseitig am Begrenzungsstift (3) anliegt und der Hebelstein (4) gegen das linksseitige Gabelhorn schlägt, so fangt die Federung (5) den Stoß ab und mildert ihn so, dass weder Hebelstein noch Unruhzapfen abbrechen können.

verschiedene Lösungen zur Stoßsicherung aus der Zeit vor 1920
verschiedene Lösungen zur Stoßsicherung aus der Zeit vor 1920

Die Konstruktion im Bild 14 zeigt ein ähnliche Wirkung, die aber au£ andere Art erreicht wird.
Für flache Uhren ist die im Bild 15 gezeigte Anordnung patentiert worden. Dabei ist eine runde Feder mit vorstehenden Enden (2) in einen Ring der Hebelscheibe gelagert. Die vorstehenden Enden (2) der Feder dienen gleichzeitig als Hebelstift. Eine elastische Zapfenlagerung, wie sie für Uhren patentiert wurde, zeigt Bild 16. Eine Übergreiffeder hält das axial und radial verschiebbare Lager für den Zapfen und zentriert es gleichzeitig. Das Zentrieren erfolgt seitens der Feder am kegelförmigen Lochstein. Formgebung und Vorspannung der Feder legen fest, bei welchen äußeren Kräften die Sicherung in Funktion tritt. Diese Anordnung ist jedoch über Versuchsausführungen nicht hinaus gekommen, da Eingriffsfehler auftraten.

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg mit der Devise: “Zeit ist Geld“ veränderte die Problemstellung völlig. Die Uhr verlief ihren angestammten Platz an der Halskette der Dame und in der Westentasche des Herren und setzte sich am Handgelenk als Armbanduhr fest. Diese Veränderung der Lage stellte Konstrukteure und Fabrikanten in Bezug auf die Sicherheit der Unruhwelle sowie die Gangsicherheit und Genauigkeit vor neuartige und schwierige Probleme. Wie in vielen Fällen nachzuweisen ist, haben sich fast gleichzeitig mehrere Konstrukteure mit dem neuen Problem befasst.
Die Zeit wurde so kostbar, dass man den Zeitmesser dauernd bei sich tragen wollte. Selbst bei der Ausübung von Sport und Spiel durfte er nicht fehlen. Die Uhr verliert ihren angestammten Platz an der Halskette der Dame und der Westentasche des Herrn. sie setzte sich am Handgelenk als Armbanduhr durch. Aus behaglicher Ruhe wurde sie an die Enden ewig in Bewegung befindlicher Windmühlenflügel gebracht. Diese Veränderung der Lage stellte Konstrukteure und Fabrikanten in Bezug auf die Sicherheit der Unruhwelle sowie die Gangsicherheit und Genauigkeit vor neuartige und schwierige Probleme. Wie in vielen Fällen nachzuweisen ist, haben sich fast gleichzeitig mehrere Konstrukteure damit befasst, weil es eben aktuell war und die Uhrenfabrikanten nach einer völlig durchdachten neuartigen Vorrichtung verlangten. An den verschiedensten Uhrenbetrieben und Spezialfirmen gingen in der Folge Millionen von stoßsichernden Vorrichtungen unter den verschiedensten Handelsnamen in die Fabrikation der Uhrenbetriebe des In- und Auslandes (s. FLUME Uhren-Stoßsicherungs-Katalog, Stoßsicherungen, kombinierte Steinfutter, Reguliervorrichtungen). Die Zweckmäßigkeit der einzelnen Vorrichtungen führte zwischen den Konstrukteuren und innerhalb der Uhrenindustrien der verschiedenen Länder zu heftigen Auseinandersetzungen. Wenn auch diese Kämpfe um Erfindungsschutz und Markenrecht für die Betroffenen vielfach unangenehm waren, so trugen sie doch dazu bei, das Enderzeugnis ständig zu verbessern und durch Rationalisierung der Fabrikation zu verbilligen, so dass heute Qualitätsuhren fast durchweg mit einer Vorrichtung versehen sind. die die Unruhwelle bzw. deren Zapfen vor Beschädigung bei Stoß oder Schlag schützt.
Im Folgenden werden die verschiedenen Systeme und ihre Merkmale beschrieben, die seit 1920 in Anwendung sind oder zum Patent erklärt wurden.

Die Arten der Stoßsicherungen

Bei der Vielzahl der Stoßsicherungen, die bekannt wurden, sind zwei Arten voneinander zu unterscheiden:
– Einstoß- oder nur axial wirkende Stoßsicherungen und
– Allstoß- oder allseitig wirkende Stoßsicherungen.

Während die erstere Art stets nach dem gleichen Prinzip arbeitet, sind bei der letztgenannten noch Untergruppen vorhanden, die untereinander alle auf einem anderen Prinzip beruhen. Äußerlich unterscheiden sich die einzelnen Stoßsicherungen nur durch die Form der Decksteinfeder. Güte und Wirkungsweise können nur festgestellt werden, wenn auch der innere Aufbau untersucht wird.

a) Einstoß- oder nur axial wirkende Stoßsicherungen
Allgemeines
Das besondere Merkmal der Einstoßsicherung ist der in axialer Richtung lose Deckstein und der feste Lochstein sowie die Decksteinfeder (Bilder 17-25). Auf die richtige Formgebung und Abmessung der Feder ist dabei größter Wert zu legen. da die Feder die volle Wucht des Stoßes von den Unruhwellenzapfen her abschwächen muss. Dabei ist es gerade der dünne Zapfen, der geschützt werden muss, und weshalb überhaupt die Decksteinfeder angebracht ist. Derartige Sicherungen sind einfach im Aufbau. Sie wurden zuerst angewendet, gewähren aber nur Schutz bei achsialen Stößen. Der Ausdruck Stoßsicherung für ein solches System ist deshalb etwas gewagt, da man dem Stoß keine Vorzugsrichtung geben kann.

Die Bilder 17-25, diese Bilder dieser Folge zeigen Einstoß- oder axial wirkende Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden:

Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden
Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden
Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden
Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden
Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden
Stoßsicherungen, die nach 1920 eingesetzt wurden

Wirkungsweise der Einstoßsicherung
Die Bilder 26 u. 27 zeigen eine derartige Einstoßsicherung. Der Lochstein ist fest im Unruhkloben bzw. der Unterplatte. Der Deckstein liegt lose auf. Da der Unruhwellenzapfen in dem festen Lochstein lagert, kann diese Anordnung bei radialem Stoß nicht wirken. Erst in axialer Richtung kommt die Decksteinfeder zur Wirkung. Die axiale Bewegung der Unruhwelle wird durch ihren Wellenansatz begrenzt. Er nimmt die Hauptstoßkraft auf und verhindert gleichzeitig ein Herausfallen des Zapfens.

Wirkungsweise der Einstoßsicherungen
Wirkungsweise der Einstoßsicherungen

Die Bilder 28 bis 31 zeigen zwei weitere Ausführungsmöglichkeiten.

Wirkungsweise der Einstosssicherungen
Ausführungsmöglichkeitender Einstoßsicherungen


b) Allstoß- oder allseitig wirkende Stoßsicherungen
Allgemeines
Stoßsicherungen dieser Art absorbieren Stoße aus allen Richtungen. Äußerlich sind sie gekennzeichnet durch die Form der Decksteinfeder bzw. die Ansicht des Unruhklobens oder die Ansicht des Unruhreifens. Eine Ausnahme bildet bis jetzt nur eine bekanntgeworde ne Sicherung, bei der dem Unruhzapfen eine verstärkende Form gegeben wird. Diese Sicherung ist von außen nicht ohne weiteres erkennbar.

bb) Stoßsicherung durch gefederte Decksteine und kegelig gelagerte Lochsteine

Die besonderen Merkmale dieser Untergruppe der Allstoßsicherungen sind der in eine Fassung gepresste Lochstein mit dem in derselben Fassung lose liegenden oder in eine zweite Fassung eingepressten Deckstein sowie die schon bekannte Decksteinfeder. Die Fassung des Lochsteines ist kegelig gelagert und wird durch die Decksteinfeder in der Mittellage gehalten bzw. die Kegel übernehmen unter Kraft der Feder die Zentrierung. Die Bilder 32 bis 54 zeigen Wirkungsweise, prinzipiellen Aufbau und Ansicht der Unruhkloben. Sie stellen bekannte Lagerungen der Fassung dar. Die Lagerungen weichen funktionsmäßig nur wenig voneinander ab. Ihre abweichenden Formen müssen hauptsachlich als Patentumgehungen betrachtet werden. Hinzu kommt ferner, dass sich leider das Prinzip „jeder seine eigene Stoßsicherung“ breit gemacht hat. Dadurch sind oft komplizierte Teile und höhere Herstellungskosten entstanden.

Monobloc-, H. - P.-, Ultrabloc-, Incrabloc alt-, Kif-, Helvetia-, Incabloc-, Duroblock-, Soßfänger H.-, Cyma-, Superchoc-, Parechoc-, Antichoc-Stoßsicherung
Monobloc-, H. – P.-, Ultrabloc-, Incrabloc alt-, Kif-, Helvetia-, Incabloc-, Duroblock-, Soßfänger H.-, Cyma-, Superchoc-, Parechoc-, Antichoc-Stoßsicherung

Aus den Bildern 49–54 ist ersichtlich, dass die Fassung bei radialem Stoß seitwärts an dem Innenkegel hochgeschoben wird, bis der Anschlag der Unruhwelle an der Durchgangsbohrung erfolgt. Die Decksteinfeder (nicht gezeichnet), die bei dieser Bewegung gespannt wurde, drückt die Fassung wieder zurück. Daraus geht hervor, dass keglige Lagerung und Decksteinfeder größte Beachtung verdienen.

Bei der Ausführung nach Bild 49 ist ein Schrägstellen der Fassung mit Loch- und Deckstein bei radialem Stoß unvermeidlich. Ebenso bei den Bildern 50 u. 51. Der Innenkegel bei der letzten Ausführung ist außerdem sehr schwer herzustellen und zu prüfen. Ein Schrägstellen wird bei den Bildern 52 u. 53 durch die Muldenform ausgeschaltet. Die genaue Herstellung unter Einhaltung der Winkel bzw. Radien ist aber sehr schwierig. Bild 54 zeigt, dass dabei die Auflage an einer Seite zweimal erfolgt, trotzdem aber ein Schrägstellen nicht verhindert wird.
Bei den beschriebenen Lagerungen müssen die zentrierenden Elemente genaue Form und Größe haben. Ist das nicht der Fall, tritt schon in der Mittellage ein Zentrierfehler auf. Ebenso sind die Abmessungen der Abstützfeder sehr wichtig. Ungleichmäßige Spannkraft bringt unbedingt Fehler mit sich. Die Herstellung der Fassung sowie des Lagerkörpers erfolgt durch Drehen auf dem Automaten. Es gibt jedoch auch ein Verfahren der Herstellung durch Prägen.

Anhand von Bild 55 sind Hauptbestandteile und Wirkungsweise der Allstoßsicherung leicht zu erklären. Die Fassung mit dem eingepressten Lochstein ist an der oberen Seite mit einer Eindrehung versehen, die den Deckstein aufnimmt, der einfach in diese Eindrehung hineingelegt wird. Die äußere Seite der Fassung ist kegelig gedreht und stützt sich gegen eine innere Kante des einpassbaren Blockes. Die Stahlfeder, die den Deckstein gegen den Lochstein drückt, hat die Form eines Ringes, der nach innen mit drei Zungen versehen ist, die den Druck auf den Deckstein ausüben. Die drei nach außen überstehenden halbrunden Lappen stimmen mit den im Einpressblock vorhandenen Aussparungen überein. Der einpressbare Block nimmt alle diese Teile in sich auf. Er wird in zwei Formen hergestellt. Die erste Form wird zum Einpressen in die Platine verwendet. Sie ist zylindrisch.

Die zweite Form ist für den Unruhkloben bestimmt und übernimmt gleichzeitig die Aufgabe eines Deckplättchens, nämlich das Festhalten des Rückerzeigers. Beide Blocks haben einen Außendurchmesser von 2,10 ± 0,05 mm. Die entsprechenden Bohrungen der Platine oder des Unruhklobens müssen einen Durchmesser von 2,09 ± 0,0025 mm aufweisen. Dadurch ist die zum Presssitz notwendige Voraussetzung gegeben. Um eine zusätzliche Sicherheit zu erreichen, weisen Unruhwelle und Einpressblock bestimmte Maße auf. Der Zapfenansatz muß den im Bild 55 gezeigten Durchmesser aufweisen. Dazu beträgt der Durchmesser der Öffnung des Einpressblocks, durch den der Zapfen in das Lager eingeführt wird, 0,35 ± 0,0025 mm.
Bei einem Stoß in axialer Richtung stößt der Zapfen gegen den Deckstein. Der Lochstein nebst Fassung wird infolge der Kapillarität des Öles mitgezogen. Durch die leichte Federwirkung kann hierbei keine Beschädigung eintreten. Sobald die Unruhwelle um einen bestimmten Betrag (0.05 mm) aus ihrer Lage gebracht worden ist, stößt der Ansatz der Welle gegen die untere Seite des Einpressblocks und fängt den Stoß ab. Erfolgt der Stoß in radialer Richtung, so drückt der Zapfen gegen den Lochstein und die Fassung, deren keglige Außenflache an der Ausdrehung des Einpressblocks solange verschoben wird, bis der Ansatz der Unruhwelle an der Durchgangsbohrung zum Anliegen kommt. Dabei werden die Stoßkräfte abgefangen. Die Feder bringt auch hier das ganze System wieder in seine alte Lage zurück. Da sich Loch- und Deckstein schrägstellen können, muss der erstere oliviert sein, damit der Zapfen nicht deformiert wird. Die Bilder 56 u. 57 zeigen eine ähnliche Sicherung mit ihren Einzelteilen.

Stosssicherungen
Stoßsicherungen (Durabloc, Incrabloc, Ruby Shock)
Monorex-Stosssicherung

Bei der Ausführung nach Bild 60 erfolgt die Anlage der Fassung gleichzeitig an zwei Stellen. Die Befestigung der Stoßsicherung im Unruhkolben erfolgt durch einen Federkeil, der in eine Nut greifend die Sicherung in der richtigen Höhe halt. In der Platine sind die richtige Lage und der Sitz durch Verschraubung hergestellt. Der Nachteil ist, dass Höhenkorrekturen nur durch Verformung vorgenommen werden können. Der Loch- und Deckstein sind getrennt in Fassungen eingepresst. Dabei bilden Decksteinfassung und Decksteinfeder ein Teil. Durch die beiden Fassungen ist die Ölhaltung gefährdet, da leicht ein Wegziehen in dieser Richtung erfolgen kann.


Eine andere Ausführung, bei der die Befestigung durch Einpressen erfolgt, ist im Bild 59 dargestellt. Der Lochstein ist ohne Fassung und liegt auf einer kegeligen Ausdrehung des Einpressblocks. Auf der bombierten Fläche des Lochsteins liegt die Fassung mit dem Deckstein. Bei axialem Stoß wird der Deckstein nach oben gedrückt und nimmt durch die Kapillarität des Öls den Lochstein mit. Erfolgt die Stoßrichtung radial, so verschiebt sich der Lochstein. Gleichzeitig wird die Fassung mit dem Deckstein aus der Ruhelage gebracht. Nachdem die Unruhwelle an der Durchgangsbohrung angeschlagen hat, übernimmt die Decksteinfeder die Zentrierung.

Stosssicherung

Eine bisher wenig bekanntgewordene Konstruktion zeigt Bild 61. Die Fassung (1), in der der Lochstein fest und der Deckstein lose gelagert ist, nimmt eine gewisse Lange des Unruhwellensatzes (2) auf.

Diese Fassung ruht auf dem kegelförmigen Ansatz des Unruhklobens (3) bzw. der Platine. Bei radialem Stoß kann sich die Fassung schräg stellen, da der Unruhwellenansatz (2) an der Durchgangsbohrung anliegt.


Die Formen der Stoßsicherungen nach Bild 55 ff. haben sich bis heute nicht geändert. In einem keinen Katalog hat die Fa. Flume 1967 fast alle bekannten Stoßsicherungen der Zeit zusammengestellt.

Wie weiter oben erwähnt, gibt es heute nur noch eine Handvoll leicht unterschiedlicher Stoßsicherungskonstruktionen.


Ein kurzes Youtube-Video über die Incabloc-Stoßsicherung verdeutlicht die heutigen Konstruktionsprinzipien.

Weiterhin ist der Blog: Wie funktioniert die Stoß-Sicherung der Unruh in Uhren?

Wie die Stoßsicherung in der Uhrenreparatur zu behandeln ist, finden Sie in dem Buch: „Die Armband- und Taschenuhr in der Reparatur“.

Und alle finden Sie Stoßsicherungen um 1967 in: FLUME Uhren-Stoßsicherungs-Katalog, Stoßsicherungen, kombinierte Steinfutter, Reguliervorrichtungen.

Kategorie: Allgemein, Kleinuhr, Uhrentechnik Stichworte: , , , , , , , , , , , , , , , , , ,
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