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Technik

 

 

Ölhaltung bei antiken Uhren


Mit freundlicher Genehmigung durch Wolfgang Lympius
Aus: UHREN Journal für Sammler klassischer Zeitmesser 4/1994 S.39 ff. + 5/1994, S. 40 ff.

Die Ölhaltung bei antiken Uhren unterliegt zum Teil anderen Regeln als bei modernen Uhrwerken. Durch Mißachtung der Problematik entstehen teilweise irreversible Schäden in den alten Werken, die eine Wertminderung der Antiquität bedeuten.

Teil 1

Diese Veröffentlichung befaßt sich nur am Rande mit technischen oder wissenschaftlichen Erörterungen der Ölprobleme, hierzu siehe unter anderem 1, 7, 11, 32, zur allgemeinverständlichen Darstellung der Öle und Fette auch 35. Der Verfasser stellt lediglich die praktischen Probleme der Ölhaltung bei antiken Uhren dar.
Die Ölhaltung bei Uhren ist ein altes uhrmacherisches Problem, die Ölhaltung bei antiken Uhren hingegen ist ein Problem der Restauratoren/Konservatoren (Anhang I), es geht aber auch, für manche vielleicht überraschend, den Besitzer an.

Abb. 1
Durch falsche Reinigungsmethoden und unkritische Schmierung können nämlich Schäden entstehen, die im unglücklichsten Fall so schwer sind, daß sie nicht mehr entfernt werden können (Anhang, II). Die Folge ist eine materielle Wertminderung der Uhr.
Stets sollte der Restaurator/Konservator vor Arbeitsbeginn ein eingehendes Gespräch mit dem Besitzer führen, ihn beraten und wirklich jeden einzelnen Arbeitsgang besprechen 25, 31. Enttäuschungen auf beiden Seiten werden so vermieden. Es kann auch nicht schaden, wenn der engagierte Besitzer einer Antiquität sich mit den Grundzügen der Restaurierung vertraut macht, nicht um selbst tätig zu werden, sondern um sich mit dem Restaurator/Konservator besser zu verständigen. Einschlägige Schäden an alten Uhren entstehen unter anderem durch:

  • Konstruktive Mängel des WerkesMangelhaftes ÖlFehlerhafte Reinigungsmethoden
  • Fehlerhafte Anwendung des Öls.

Konstruktive Mängel des Werkes müssen hingenommen werden, da es nicht zur Aufgabe der Restaurierung gehört, eine Antiquität zu verbessern (Anhang III).
Zu Konstruktionsmängeln zählen z. B. ungünstig geformte Triebstirnseiten, horizontal stehende Spindelräder (Zähne nach oben gerichtet) sowie große und flache Ölsenkungen. Derartige Konstruktionen behindern die Ölhaltung erheblich.
Bei mangelhaftem Öl, welches Schäden verursachen kann, handelt es sich durchweg um sog. klassisches Uhrenöl. Dieses besteht aus Fettölen (bis 95%), besonders Klauenöl, pflanzlichen Ölen und Fetten, Mineralölen und Antioxidantien zur Stabilisierung, welche im 20. Jahrhundert eingeführt wurden 7, 9, 23, 24, 32. Die Druckfestigkeit der Mischung hängt vom Fettöl ab (Anhang IV). Die Zusammensetzung klassischer Uhrenöle wird z. T. bis heute vom Hersteller geheimgehalten.
Das Hauptproblem dieser Schmiermittel liegt in der Alterung in Form von Oxidation und Polymerisation (Anhang V). Antioxidantien, die zur Stabilisierung beigegeben werden, können diese Vorgänge nur verzögern, nicht jedoch verhindern 3, 7, 12, 32. Lichteinwirkung sowie Luftsauerstoff beschleunigen die Alterung. Die Folge ist eine Viskositätsabnahme (Verdickung, Verharzung) bis zu mehreren 100% und schließlich Stillstand des Werkes (Anhang VI).

Abb. 1 Schwerste Korrosion einer Messingplatine durch Öl- und Schweißverätzungen sowie Reinigungsschäden

Abb. 2
Öl ist zudem katalytisch anfällig: Durch Kupfer im Messingabrieb wird die Alterung gefördert, besonders da Metallabriebe durch den Ölmantel oxydfrei bleiben, also chemisch hochaktiv sind. Auch Stahl wirkt entsprechend, allerdings in geringerem Maße. Öle sind gegen Reste von Reinigungsmitteln, Säuren etc. ebenfalls empfindlich.
Immer neue Ölformeln wurden entwickelt, die Fortschritte waren jedoch gering. Der Astronomer Royal George Biddell Airy (1802-1892) stellte in einem Bericht an die Britische Admiralität im Jahre 1860 fest, daß fast alle Unregelmäßigkeiten bei Chronometerprüfungen in Greenwich fehlerhaftes Öl oder schlechte Temperaturkompensation als Ursache hatten 12.
Ein weiterer negativer Faktor beim klassischen Uhrenöl sind Säurebildung und ursprünglich vorhandene Säureanteile. Angeblich säurefreie Öle scheinen im Verlauf der Alterung Säuren zu bilden. Hier besteht möglicherweise ein Zusammenhang mit der Lösung von Kupfer aus Messing im Öl 22. Dieser Vorgang, welcher sicher schon im 19. Jahrhundert bekannt war, zeigt sich durch leichte Blaufärbung des Öles.

Abb. 2 Ölkorrosion im Federhaus. Die flockenförmigen Korrosionen sind durch Kupfergehalt bläulich gefärbt

Abb. 3
Säure im Öl produziert teilweise irreversible Korrosion auf Messingplatinen, aber auch Rost.

Abb. 3 Ölverätzungen an völlig überölten Lagerlöchern einer Messingplatine

Abb. 4
Ein anderes Problem der Öle ist die sog. Spreitung, besonders bei Überölung. Es handelt sich um ein Verlaufen des Öls auf einer Oberfläche; das Öl wird schließlich bis zur Dicke molekularer Schichten auseinandergezogen und kann sogar seine zusammenhängende Struktur verlieren. Somit ist es z.B. auf einer Metalloberfläche nicht mehr sichtbar. Der Vorgang kann bei Ölverunreinigungen auf Gewässern beobachtet werden. Folge dieses Spreitens im Uhrwerk können leergelaufene Lager sein. Immer wieder wird in solchen Fällen die »Verdunstung« des Öles beklagt.
Die Verdunstungsraten desselben sind bei Zimmertemperaturen jedoch so gering, daß sie nicht meßbar sind. Sollen Verdunstungsraten gemessen werden, so muß dies bei 100º C oder höheren Temperaturen geschehen, z. B.:Klassisches Uhrenöl 7 in 16 Std. bei 105º C 0,22%
Synthetisches Öl in 16 Std. bei 105º C 0,2%
Nach anderer Quelle 23:
Klassisches Uhrenöl in 22 Std. bei 100º C 0,925% - 1,198%
Klassisches Uhrenöl in 5 Tg. bei 100º C 2,815% - 3,398%

Relativ hohe Verdunstungsraten können auf einer Alterung des Öles beruhen.
Die Folge mangelnder Ölhaltung ist die Notwendigkeit, Hausuhren etwa alle 10 Jahre zu reinigen34. Bei Marinechronometern waren 2-3 Jahre Überholungsintenvall üblich.


An Öle werden bei feinmechanischen Geräten, also auch Uhren, hohe Anforderungen gesteht, die mit klassischen Uhrenölen nicht zu erreichen sind 7. Schäden an Trieben und Zapfen in verschiedenen Ausmaßen werden als Versagen des Ölsystems kaum noch zur Kenntnis genommen, da sie fast in allen alten Uhren nachgewiesen werden können.

Abb. 4a Zustand nach Überölung. Die Lager schwimmen im Öl. Ölhof dehnt sich nach allen Seiten aus. Die Platine wurde einmal brutal beschliffen

Abb. 4b Wie vorige Abb, Interessant ist, daß sich der Ölhof mehr nach oben ausdehnt. Die Schwerkraft spielt bei diesen Vorgängen offensichtlich keine Rolle

Abb. 5
Eine besonders interessante Korrosionsform als Folge des Ölversagens ist die sog. Reibkorrosion, die teilweise groteske Lagerzapfenformen hervorruft 10 und für eingelaufene Triebe verantwortlich ist.
Wie schon bemerkt, waren klassische Uhrenöle seit frühester Zeit immer Geheimformeln. Erst der Schweizer Chronometermacher Paul Ditisheim und der Chemiker Dr. Paul Woog untersuchten Öle systematisch und stellten die Ursachen des Alterns fest. P. Woog entwickelte in den 20er Jahren das erste synthetische Öl auf Silikonbasis, das sich aber nicht bewährte 1.
Ein großer Teil der angegebenen Fehler ist durch die Verwendung synthetischer Öle vermeidbar7, 27. Was aber nicht bedeutet, daß diese kritiklos anwendbar sind. Synthetische Öle sind keine Öle im chemischen Sinne, sondern ätheralkohole, Polysiloxane und andere Verbindungen, also völlig anders aufgebaute organische Substanzen; allerdings haben sie im physikalischen Sinne Ölcharakter, sind also zum Ölen mechanischer Geräte geeignet. Die Alterungsrate ist sehr gering bis nicht meßbar, auch unter schwierigen Bedingungen. Nach Möglichkeit sollen auch diese Öle vor Staub, Schmutz und Licht geschützt werden, was in der Praxis allerdings oft nicht möglich ist. Die Verdampfungsraten sind ebenfalls sehr gering 24:

Moebius Synt A Lube 9010
9020

9027

5 Tg. bei 100º C0,5%
0,4%
0,4%
Viskosität bei 20º C cSt 150
cSt 270
cSt 1040

Die Druckfestigkeit ist etwas geringer als beim Fettöl, wobei zu bedenken ist, daß die Druckfestigkeit des letzteren nur im frischen Zustand gegeben ist; bei Alterung oder völliger Zersetzung spielt die Druckfestigkeit keine Rolle mehr. Größere Uhrwerke mit Zugfedern von 0,5 bis 0,6 mm Klingenstärke zeigten nach synthetischer Ölung beim Verfasser keine Zeichen von Abrieb an Zapfen und Trieben innerhalb von 10 bis 12 Jahren Überholungsintervallen.

Bei einigen synthetischen Ölen wird eine geringe katalytische Alterung angegeben. Klassische und synthetische Öle können sich durch Abriebpartikel schwarz färben; das klassische Öl wird jedoch dickflüssig, während das synthetische dünnflüssig bleibt 7.

Für besonders hohe Lagerdrücke stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: entweder ein synthetisches Öl mit extrem hoher Viskosität (Anhang VII) oder als nichtsynthetische Alternative ein Gemisch von stabilisierten Mineralölen mit hochraffinierten Klauenölen unter Zusatz von Hochdruck- und Antiverschleißadditiven auf organischer Molybdänbasis (Anhang VIII). Letztere ist im Gegensatz zu Molybdändisulfid (z. B. im Molykote) im Öl löslich. Diese Kombination mit verbesserter Alterungsstabilität zeigt sehr gute Reibungsverschleißminderungen und eine extrem hohe Druckaufnahmefähigkeit. Die Alterungsrate ist etwas schlechter als bei synthetischen Ölen, aber immer noch als recht gut zu bezeichnen. Bei Überholungszyklen von 10 bis 12 Jahren bei großen Werken mit Hochdruckproblemen in den Lagern (z.B. Orgeluhren, deren Aufzugsfedern Klingenstärken um 0,8 mm haben) zeigten sich gute Ergebnisse bezüglich Spreitung und Verschleiß. Besonders an präzise polierten Lagerzapfen lassen sich Verschleißformen bei entsprechender Vergrößerung leicht feststellen.

Abb. 5 Zustand nach extremer Reibkorrosion

Für besonders hohe Lagerdrücke stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: entweder ein synthetisches Öl mit extrem hoher Viskosität (Anhang VII) oder als nichtsynthetische Alternative ein Gemisch von stabilisierten Mineralölen mit hochraffinierten Klauenölen unter Zusatz von Hochdruck- und Antiverschleißadditiven auf organischer Molybdänbasis (Anhang VIII). Letztere ist im Gegensatz zu Molybdändisulfid (z. B. im Molykote) im Öl löslich. Diese Kombination mit verbesserter Alterungsstabilität zeigt sehr gute Reibungsverschleißminderungen und eine extrem hohe Druckaufnahmefähigkeit. Die Alterungsrate ist etwas schlechter als bei synthetischen Ölen, aber immer noch als recht gut zu bezeichnen. Bei Überholungszyklen von 10 bis 12 Jahren bei großen Werken mit Hochdruckproblemen in den Lagern (z.B. Orgeluhren, deren Aufzugsfedern Klingenstärken um 0,8 mm haben) zeigten sich gute Ergebnisse bezüglich Spreitung und Verschleiß. Besonders an präzise polierten Lagerzapfen lassen sich Verschleißformen bei entsprechender Vergrößerung leicht feststellen.
Egal, welches Öl man verwenden möchte, es muß eine technische Information für jede einzelne Ölsorte vorliegen, die von seriösen Herstellern gern übersandt wird. Angaben auf den Packungen wie »für kleine Kaliber«, »Hemmungsöl« etc. sind ungenügend. Am praktischsten sind Informationsmappen, aus denen man sich die passenden Öle aussucht. Für durchschnittliche Restaurierungsprobleme ist eine Palette von 5 bis 6 Ölen genügend. Hat man sich einmal auf dieselben eingearbeitet, sollte man ohne zwingenden Grund das Fabrikat nicht wechseln.

Zur Anwendung des Öls gehören zunächst Zerlegung und Reinigung der Werke. In der Vergangenheit sind viele Korrosionsschäden teils aus Unkenntnis, teils durch brutale Reinigungsmethoden angelegt worden. Zur Reinigung muß eine antike Uhr vollständig zerlegt werden, d. h. alle verschraubten und verstifteten Teile sind zu lösen, da sonst unweigerlich Reinigungsflüssigkeit zwischen diese Teile gelangt und dort verbleibt. Die Folge ist Korrosion, besonders oft unter aufgeschraubten Stundenstaffeln und zusammengesetzten Kadraturhebeln zu finden.

Abb. 6
zeigt ein besonders krasses Beispiel, wo neben Ölverätzungen, oben im Bild, Reinigungsmittelkorrosionen unter dem nicht entfernten Gesperr entstanden sind. Die Struktur unter dem Kloben links ist vermutlich eine Ölkorrosion.
Die Reinigung der Uhrwerke wird in der Literatur stets nur sehr kursorisch und ohne Systematik beschrieben. Begründungen für das »warum und wie« finden sich kaum. In einigen Angaben, auch renommierter Autoren, liest man Hinweise, die nicht mehr akzeptabel sind 3, 4 11.
Ziel der Reinigung ist die Entfernung von Alterungsprodukten (sog. Verharzungen), Ölresten und Schmutz, letzterer meistens organischer Hausstaub. Auch Korrosionsprodukte, z. B. Rost, kupferhaltige Ablagerungen etc., dürfen nicht belassen werden.
Dies bedeutet nicht, daß eine makellose, fleckenfreie Oxidschicht einer Platine mit Reinigungsmitteln oder Politur vernichtet werden sollte. Eine solche Schicht ist im Gegenteil erstrebenswert, schützt sie doch vor weiteren chemischen Angriffen und ist im übrigen unter dem Begriff Patina einzuordnen, deren Erhaltung bei der Restaurierung/Konservierung von Antiquitäten, soweit mir eben möglich, ein eisernes »muß« ist.
Wie schon angedeutet, gibt es bei der Reinigung diverse Möglichkeiten, dem Werk zu schaden, oder bereits den Grundstein für die nächste Restaurierung zu legen.
Von den beiden zur Verfügung stehenden Reinigungsmedien - organische Lösungsmittel und wäßrige, ammoniakalische Flüssigkeiten - ist das erstere gegen Metalle inert; es sollte stets zur Vorreinigung benutzt werden, d. h. vor der Reinigung im ammoniakalischen Bad (s. unten). Auch wenn Teile lange Zeit im Lösungsmittel verbleiben, treten keine Schäden auf. Anders ist es bei den ammoniakalischen Flüssigkeiten, auf die man bis heute leider nur im Ausnahmefall verzichten kann. Das Ammoniak dient zum Verseifen von Ölresten und Lösen der Korrosionsprodukte auf Messingteilen. Unterstützt wird dieser Vorgang durch nichtionische Tenside. Sogenannte Enzymreiniger und nicht wäßrige ammoniakalische Mittel haben sich beim Verfasser nicht bewährt.
Bei unsachgemäßer Handhabung der Ammoniakreinigungslösungen können auf Messing erhebliche Schäden entstehen, z. B, Verätzungen und Auflösung ganzer Teile sowie Ablagerung von Kupfer, welches sich in gebrauchten Reinigungsbädern befindet ( Anhang IX). Spannungsrißkorrosion, Kavitationskorrosion und Schwingungsrißkorrosion 10 sind bei langer Ultraschallbehandlung mit diesen Bädern immerhin denkbar.

Abb. 6 Reinigungsschäden

Abb. 7
Alle Korrosionsformen nehmen in geheizten Bädern zu. Aus diesen latenten Gefahren müssen Schlußfolgerungen gezogen werden: Die Badzusammensetzung muß bekannt sein (technische Information des Herstellers! Besser ist, das Bad selbst anzusetzen). Es muß häufig gewechselt werden, besonders wenn es sich blau färbt, was auf Kupfergehalt hinweist, wenn sich Schmutzablagerungen zeigen oder der ph-Wert nicht mehr stimmt (s. u.).
Niemals darf ein Reinigungsbad beheizt werden. Wenn dies bei Gebrauchsanweisungen für Reinigungsmaschinen, die bei modernen Uhren eingesetzt werden, vielleicht noch zulässig ist, so ist es bei antiken Uhren aus den obengenannten Gründen völlig unakzeptabel.
Der Aufenthalt von Messingteilen im ammoniakalischen Reinigungsbad soll so kurz wie möglich bemessen werden. Dies kann durch Vorreinigung in organischen Lösungsmitteln sowie mit Ultraschallbädern erreicht werden, welche den Reinigungsvorgang durch Kavitation erheblich beschleunigen. Eine Reinigungsdauer von über 3 Minuten sollte zu den Ausnahmen gehören. Alle Werkteile, besonders Platinen, sollten möglichst nicht flächig auf einem Sieb liegen; ständige Bewegung ist vorteilhaft. Mit Grausen erinnert sich der Verfasser an die erste Zeit der Ultraschallreinigung, wo mangels angemessener Erfahrung Teile bei 80º C 15 Minuten und länger im Ultraschallbad verblieben. Auf die Trommelreinigung wird in diesem Zusammenhang nicht eingegangen, ist sie doch eine der brutalsten Reinigungsformen. Ein wichtiger Punkt ist der schon angesprochene ph-Wert des Reinigungsbades (Anhang X), der mit ph 10 - 11,5 weit im Alkalischen liegt und durch den Ammoniakgehalt gesteuert wird. Notwendig ist ein hoher ph-Wert eigentlich nur zur Rostverhütung an den Stahlteilen der Werke. Oberhalb ph 8 läßt die Rostbildung rapide nach und ist bei über ph 10 nicht mehr nachweisbar. Bäder, deren ph-Wert von ca. 11,5 bei Neuansatz auf unter 10 gesunken ist, sind ohnehin erschöpft und müssen erneuert werden.

Abb. 7 Korrosion durch Überreinigung im ammoniakalischen Ultraschallbad. Siebabdrücke mit Kupferredeposition

Abb. 8a/b
Ph-Messungen werden mit einem ph-Meter oder mit ph-Indikatorpapier vorgenommen. Das letztere ist nicht so genau, aber im Werkstattbetrieb genügt es den Anforderungen. Das Spülen nach diesen wäßrigen Reinigungsbädern sollte stets in kaltem Wasser erfolgen. Es gibt Stahlsorten, die in Minutenschnelle im warmen Wasser rosten - Flugrost zwar zunächst (Anhang XI), aber der einmal eingesetzte Rostvorgang schreitet unaufhaltsam fort 21.
Hier muß die Entrostung kurz angesprochen werden. Rost gehört an keine antike Uhr. Eine mechanische Entrostung mit Feile, Schmirgelhölzern etc, ist natürlich nicht akzeptabel, da die ungewollte Entfernung originaler Eisen- oder Stahlsubstanz unvermeidlich ist. Lediglich bei Flugrost kann eine rotierende Metallbürste (seltsamerweise immer noch Kratzbürste genannt) benutzt werden. Bei stärkerem Rost im Bereich der Uhrwerke kommt nur die elektrolytische Entrostung in Frage 19a. Allerdings hat sich seit der erstmaligen Veröffentlichung des Verfassers für den Uhrenbereich, 1978, verschiedenes geändert, da damals noch keine größeren Erfahrungen vorlagen. Die angegebene Stromdichte von 1 bis 2 Ampere/cm2 hat sich als wesentlich zu hoch herausgestellt; 100 mA/cm2 betrachtet man jetzt als angemessen. Auch die Annahme, daß der Rost zu metallischem Eisen reduziert wird, stimmte nicht. Das Endprodukt der Entrostung ist Magnetit (Hammerschlag, Eisen-II-III-Oxid, Fe3 O2), welches als chemisch sehr stabile Schicht auf dem Eisen zurückbleibt und dem Metall das nicht gewünschte »neue« Aussehen nimmt. Möglicherweise bietet es auch einen gewissen Rostschutz.
Nicht geeignet ist die elektrolytische Entrostung für Aufzugsfedern und Unruhspiralen, da bei diesem Verfahren Wasserstoff in den Stahl aufgenommen werden kann, wodurch seine Belastungsfähigkeit sinkt (Hydrogen, Embrittlement). Bei Kadraturfedern ist dies jedoch unerheblich. Daß nach dem letzten Reinigungsbad Handschuhe zu tragen sind, ist selbstverständlich, es sei denn, man möchte Fingerabdrücke hinterlassen 28, 29, 31. Der menschliche Schweiß mit seinem sauren ph-Wert und diversen Salzen ist hoch korrosiv, hinzu kommt, daß die gereinigten Metallteile chemisch hoch aktiv sind. Auch angeblich trockene Hände hinterlassen Fingerprints, wie jeder Kriminalist bestätigen wird!
Wenn Fingerabdrücke auch nicht immer sofort sichtbar sind, führen sie doch unweigerlich zu Verätzungen auf Messingteilen bzw. Rost auf Stahl.

Abb. 8a ph-Indikatorpapier

Abb. 8b ph-Meter

Abb. 9a/b
Die Verätzungen können so tief sein, daß sie ohne Schleifen nicht mehr zu entfernen sind. Schleifen und Polieren sind jedoch vom konservatorischen Standpunkt aus nicht wünschenswert, und man wird tiefe Ätzspuren mindestens teilweise belassen müssen. Wer sorgfältig nach Fingerspuren sucht, wird auf fast allen antiken Uhren solche finden. Alte Feuervergoldungen sowie Lackierungen des 18. und 19. Jahrhunderts, nicht mir auf Uhren, sondern auch auf wissenschaftlichen Instrumenten, waren allerdings ein guter Schutz.

Abb. 9a Innenseite einer Messingvorderplatine. Ölbäche und Fingerabdrücke

Abb. 9b Die gleiche Platine von außen. Fingerabdrücke und verschmiertes Öl

Abb. 10
Aus reiner Bequemlichkeit sollte man Handschuhe nicht weglassen. Nach einer Phase der Gewöhnung können mit ihnen feine und feinste Arbeiten ausgeführt werden (Anhang XII).

Abb. 10 Fünf verschiedene Handschuhe: Kunststoffhandschuh für leichte Arbeiten; Arbeitshandschuh für schwere Federhausarbeiten; Chirurgischer Handschuh für feine Arbeiten; Stoffhandschuh für Arbeiten nach der Reinigung Gummihandschuh für Arbeiten im Wasser

Teil 2

Wenn Werkteile mit Wasser gespült worden sind, müssen sie getrocknet werden. Immer noch werden hierzu Sägespäne empfohlen 3, 4 11. Es sollte hinreichend bekannt sein, daß alle Hölzer mehr oder weniger Harze enthalten, die bei dieser Art der Trocknung auf Uhrenteile übertragen werden. Wird hierbei noch geheizt 6, 11, so beschleunigt man die Übertragung des jetzt erweichten Harzes. Welche Schäden das Harz beim Öl anrichtet, ist nicht vorhersehbar. Allein die Möglichkeit einer Schädigung -die Harze lösen sich im Öl -sollte diese Art der Trocknung verbieten. Hinzu kommt Staub in den Sägespänen, den man vermutlich aus den Lagerlöchern schwer herausbekommt. Soweit der Autor feststellen konnte, hat nur Laurie Penman gegen Sägespäne Stellung bezogen!
Eine grobe Vortrocknung kann mit sauberen Stoff- oder Papiertüchern erfolgen. Zur Nachtrocknung ist ölfreie Preßluft schnell und effektiv. Bei Stahlteilen ist das Einlegen in 100% iges Isopropanol (Isopropylalkohol) nach der Vortrocknung sehr empfehlenswert. Isopropanol zieht Wasser begierig an. Nach kurzem Eintauchen läßt man die Teile abtropfen und bläst sie sanft mit Preßluft trocken. Zu beachten ist hierbei, daß bei heftigem Abblasen eine gewisse Verdunstungskälte entsteht, wodurch sich bei sehr niedriger Raumtemperatur und feuchter Luft ein Hauch Feuchtigkeit auflagern kann.
Die letzte Reinigungstätigkeit ist in aller Regel die Säuberung der Lagerlöcher und Triebe mit Putzhölzern. Leider ist dies notwendig, da die Wirkung der Reinigungsmittel in kleinen Lagerlöchern unsicher ist. Allerdings sind Putzhölzer auch nicht harzfrei. Die Verwendung sollte daher nach der Vorreinigung in einem organischen Lösungsmittel erfolgen.

Folgendes Reinigungsschema hat sich beim Verfasser bewährt:
Nach Totalzerlegung werden die Einzelteile in ein organisches Lösungsmittel gelegt. Hierzu sind im Prinzip viele geeignet. Der größte Teil ist aber entweder ein FCKW, und somit nicht mehr zulässig, oder brennbar, gesundheitsschädlich bzw. einfach zu teuer, wodurch diese Mittel ausfallen. Der Verfasser verwendet Trichloräthen, auf welches die genannten Nachteile nicht zutreffen (Anhang XIII).
Das organische Lösungsmittel hat die Aufgabe, altes Öl zu lösen und insbesondere die festen Ablagerungsprodukte (Verharzungen) in die Lösung überzuführen, wozu ammoniakalische Bäder ungeeignet sind. Es ist daher nicht sinnvoll, wie bei manchen Reinigungsmaschinen angegeben, das organische Lösungsmittel (dort meist Toluol) als Endreinigung zu verwenden. Das Lösungsmittel braucht Zeit um seine Aufgabe zu erfüllen, je älter die Uhr ist, um so länger, da sich bei älteren Lagern und Rädern über die Jahrhunderte mehr Ablagerungen angesammelt haben und das Messing - gegossen und gehämmert - wesentlich mehr Porositäten enthält als ein modernes, gewalztes. Insbesondere poröse Stellen in den Lagerlöchern sind tückisch und meist nicht einzusehen; bleiben hier Harzreste zurück, werden sie vom neuen Öl gelöst, und die Viskosität steigt allein durch diesen physikalischen Vorgang an, ohne daß das Öl gealtert ist. Besonders bei der Umstellung vom klassischen auf synthetisches Öl ist dies eine unangenehme Schwierigkeit, die zum Stillstand der Uhr führen kann. Offensichtlich lösen sich Polymerisations- und Oxidationsprodukte alter Öle besonders gut in einigen synthetischen Ölen. Die Schuld wird dann in der Regel dem synthetischen Öl gegeben, obwohl es sich in Wirklichkeit um einen Reinigungsfehler handelt.

Möglichst 24 Stunden sollen die Teile in einem organischen Lösungsmittel liegen, die Zeit kann aber fast behäbig ausgedehnt werden, wenn man seiner Sache nicht sicher ist. Ab und zu sollte das Bad bewegt werden. Es ist darauf zu achten, daß auch in kleinen Lagerlöchern Flüssigkeit steht, aber keine Luftblasen. Solch ein organisches Bad kann auch zwischenzeitlich einige Minuten geschallt werden. Bei lackierten Platinen, deren Lack, wenn er einwandfrei ist, unbedingt erhalten werden sollte, muß eine Probe auf Lösungsmittelfestigkeit durchgeführt werden. Eventuell muß ein anderes Mittel probiert werden, oder es ist auf ein organisches Bad zu verzichten.

Aus dem Bade kommend, werden die Teile leicht abgetrocknet oder abgeblasen. Alle Reparaturen, Entrostungen, Zapfenpolituren etc. sollten jetzt vorgenommen werden, einerseits, da man nicht mit altem Öl kämpfen muß, andererseits da eventuell Spuren fehlender Kadraturteile, Kloben usw. auf den Platinen noch sichtbar sind (Abb. 6). Solche Spuren werden von den Engländern sehr hübsch Tell Tales - die Geschichtenerzähler - genannt.

Abb. 11a-d
Jetzt sollten auch die Ölsenkungen versorgt werden, was nur selten geschieht. In diesen lagern sich Verharzungen ab, die bei den Reinigungen kaum zu entfernen und mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind. Durch rotierende Pinselbürsten können sie entfernt werden. Der feine zirkuläre Strich in der Ölsenkung, der durch die Bürsten entsteht, scheint die Ölspreitung bis zu einem gewissen Grade zu bremsen. Schließlich werden die Lagerlöcher mit Putzhölzern gereinigt.
Falls die Platinen und Räder fleckig sind, können sie mit einer rotierenden Messingbürste (Drahtstärke 0,08 mm) und möglichst nicht über 1500 UpM sehr sanft gebürstet werden. Gegebenenfalls ist auch ein flüssiges Metallreinigungsmittel mit einem Lappen unter leichtem Druck zu benutzen. Danach muß mit viel Wasser und einer Glasgowbürste gespült werden, damit alle Reinigerreste entfernt werden.

Das Polieren von Platinen etc. auf Hochglanz, unabhängig davon, ob solch eine Politur überhaupt vorhanden war oder nicht, wird, wie bei der Restaurierung aller Antiquitäten, als Vandalismus angesehen.

Es ist nicht die Aufgabe des Restaurators/Konservators, eine Antiquität auf »neu« zu gestalten und mit einer Juwelierspolitur zu versehen 28,31. Im übrigen liegt in der Regel kein Beweis vor, daß alte Platinen durchweg hochglanzpoliert waren. Viele Platinen von Groß- und Taschenuhren zeigen noch deutliche Reste von Mattagen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, z.B. Taschenuhren des 19. Jahrhunderts aus Fleurier mit Stahlplatinen.
Es folgt nun die Nachreinigung: Medium, möglichst im Ultraschallbad, ist in der Regel eine wäßrige Lösung von Salmiakgeist (Ammoniakwasser) und einem Surfactant (Surfaceactive Agent). Dieses sollte ein nichtionisches Tensid sein; nichtionisch deswegen, weil es keine Natriumionen enthält und chemisch keine unerwünschten Aktivitäten entwickelt. Solche Bäder können selbst angesetzt werden, oder man kann sie kaufen. Bei letzteren finden sich noch andere Zusatzstoffe, über deren Wirksamkeit der Verfasser Zweifel hat, insbesondere, wenn man seine Bäder genügend überwacht und rechtzeitig wechselt.

Das Selbstansetzen eines Bades ist vorteilhaft, denn es ist viel billiger, und man weiß wirklich, was darin gelöst ist. Die folgende Zusammensetzung ist bei uns in Benutzung:

  • Wasser 9,5 l
  • Ammoniakwasser ca. 30%ig 200 ml
    Triton X 100 100 ml
    .

Das Bad wird in der angegebenen Reihenfolge angesetzt. Triton X 100 ist ein nichtionisches Tensid, welches bei allen möglichen Metallrestaurierungen zur Anwendung gelangt. Die dickflüssige Substanz mischt sich mit Wasser nur zögernd. Die 100 ml sollten daher in 500 ml warmem Wasser vorgelöst werden. Das fertige Bad hat einen ph-Wert von ca. 11,5, der laufend mit einem ph-Meter oder ph-Papier (Apotheke) überwacht werden sollte. Sinkt der ph-Wert unter 10 oder lagern sich über Nacht Schmutzteile auf dem Gefäßboden ab und färbt sich das Bad bläulich, so ist es zu ersetzen, wozu man sich um so leichter entschließt, als es preiswert ist.

Wenn die jetzt gereinigten Teile aus dem Bad kommen, ist das Tragen von Handschuhen obligatorisch. In kaltem Wasser wird nun reichlich gespült, und anschließend erfolgt, wie oben beschrieben, die Trocknung.
Eine kritische Betrachtung und Beurteilung der Räder, Platinen etc. auf den Zustand der Oberflächen ist erst jetzt möglich. Akzeptable Arbeitsspuren werden belassen; sie gehören zur individuellen Alterung der Antiquität. Nichts ist abwegiger, als mehrere 100 Jahre alte Werke auf Chronometerstandard zu trimmen 28. Nachbläuen alter Stahlteile ist gelegentlich möglich, ohne die alte Bläuung zu entfernen. Soll eine neue Bläuung erfolgen, dürfen die Stahlteile vorher nur behutsam überarbeitet werden, um keine neu aussehenden Schrauben und Hebel zu produzieren 19.

Alle nach der Nachreinigung bearbeiteten Teile bedürfen einer zweiten Nachreinigung. Eine Minute im Ultraschallbad ist ausreichend. Danach wässern und trocknen wie angegeben. Gereinigte Metallteile haben keine schützende Oxidschicht mehr. Sie sind chemisch hoch aktiv, was beim Ölen unerwünscht ist 26. Wenn möglich sollten sie einige Tage ruhen, damit sich eine neue, wenn auch nicht sichtbare Oxidschicht bilden kann.Vor dem Zusammensetzen und ölen sollte man entscheiden, ob und welche Teile epilamisiert werden sollen. Die Epilamisierung ist ein industriell weitverbreitetes Verfahren, welches das Öl daran hindert, von seinem definierten Platz aus fortzuwandern, d.h. die Spreitung wird unterbunden 1, 9, 11, 24, 26, 32.
Entscheidend dafür, ob eine Flüssigkeit, z. B. Öl, auf einer Oberfläche hier Metall oder Rubin/Saphir -wandert und verläuft, ist das Verhältnis der Oberflächenspannungen der beiden sich berührenden Substanzen (Anhang XIV).

Abb. 12
Je geringer die Neigung der Flüssigkeiten zum Verlaufen ist, desto größer ist in der Regel ihr Randwinkel. Ein auf einer Platine verlaufenes Öl hat überhaupt keinen Randwinkel mehr.

Abb. 13
Als Extremfall zeigt sich das Quecksilber. Seine Oberflächenspannung ist so hoch, daß es auf einer Fläche nicht verlaufen kann; der Randwinkel ist größer als 90º (Anhang XV).
Das Problem, ein Öl nicht verlaufen zu lassen, besteht darin, daß die Differenz der Oberflächenspannungen zwischen Öl und benetzter Fläche möglichst groß gehalten wird -bei der Fläche also geringe Oberflächenspannung, beim Öl dagegen eine hohe. Dies wird dadurch erreicht, daß man die relevanten Werkteile mit einer Schicht überzieht, die eine sehr geringe Oberflächenspannung hat 26.
Im Jahr 1930 brachte die Compagnie Française de Raffinage unter ihrem Chefchemiker Dr. P Woog eine solche, Epilame genannte Verbindung heraus. Diese gibt es nicht mehr, der Name hat sich jedoch erhalten.

Abb. 14
Die heute im Handel befindlichen Epilame sind perfluorierte Kunststoffe in einem sehr flüchtigen Lösungsmittel. Die Überzüge, die damit erzielt werden, sind extrem dünn und noch in molekularer Stärke wirksam. In der praktischen Anwendung lassen sie sich bzw. ihre Wirkung mit einem Testöl, einem Mineralöl geringer Viskosität, nachweisen.

Abb. 15
Während das Testöl auf einer unbehandelten Oberfläche in Sekundenschnelle verläuft (kein Randwinkel!), bildet sich auf einer epilamisierten Stelle ein stabiler Tropfen aus. Durch die Epilamisierung werden Oberflächenspannungen auf Uhrenteilen von 11 bis 16 dyn/cm erreicht, die Differenz zum Öl mit ca. 30 bis 35 dyn/cm ist somit genügend groß, um das Öl am Platz zu halten. Theoretisch kann man mit synthetischen Ölen und Epilamisierung bei staubdicht abgeschlossenen Werken (Tankuhren und evtl. Marinechronometer) eine lebenslange Schmierung erreichen (For Life Lubrication).
Es ist eine Überlegung wert, ob und welche Teile bei einer antiken Uhr epilamisiert werden sollen, zumal der Aufwand gering ist. Wenn mit synthetischem Öl und vorschriftsmäßig geölt wird, kann man sich auf die Hemmungen beschränken, evtl. wären breite, flache Ölsenkungen mit einzubeziehen 2. Besonders Hemmräder mit spitzen Zähnen können kaum das Öl an Ort und Stelle halten. Breguet versuchte durch Schlitzung der Zähne Öl vermittels Kapillarkraft an den Spitzen zu arretieren - ein erfolgreiches, aber technisch aufwendiges Verfahren. Häufig ist allerdings die Geometrie der Hemmung für eine Ölhaltung hoffnungslos, z.B. die horizontaler Spindelräder, bei denen das Öl unweigerlich in den Zahngrund spreitet.
Wenn man sich mit einem Epilam vertraut machen will, sollte auch in diesem Fall die technische Information des Herstellers beachtet werden.
Man kann aber in der Praxis etwas variieren, da die Produkte nicht allzu kritisch sind. Grobe Fehler in der Anwendung sind natürlich zu vermeiden. Voraussetzung für jede Epilamisierung ist die präzise Reinigung. Dann wird eine geringe Menge der Flüssigkeit in ein kleines, flaches Glas, z.B. ein Uhrglas, gegossen. Die Hemmungspaletten werden einfach getaucht, abgeschüttelt und so beiseite gelegt, daß die epilamisierten Flächen nicht berührt werden, bevor die Trocknung eingetreten ist. Das Hemmrad wird durch das Epilam gezogen und entsprechend behandelt.

Abb. 16
Für die Epilamisierung der Ölsenkungen können Wattestäbchen benutzt werden, wobei darauf zu achten ist, daß möglichst keine Flüssigkeit in die Lager eindringt; auch Spindellappen kann man mit kleinen Wattestäbchen versorgen.
Vor dem Ölen muß die Hemmung einige Minuten trocken laufen, damit an den sich reibenden Stellen das Epilam zerstört wird. Stets soll das Epilam nur neben den geölten Stellen liegen, um einen sog. Barriereeffekt zu bewirken. Aus diesem Grund soll auch möglichst kein Epilam in die Lager einfließen.
Die von den Herstellern angegebene Lagerfrist von 12 Monaten hält der Verfasser für zu kurz. Im Kühlschrank aufbewahrtes Epilam ist nach regelmäßig durchgeführten Testölproben wesentlich länger wirksam. Von stark alkalischen Reinigungsmitteln wird die Epilamschicht zerstört. Nach den üblichen Reinigungsverfahren ist daher neu zu epilamisieren.
Bevor man zum Ölen schreitet, sollte über einige, meist nur theoretisch betrachtete Fakten Klarheit bestehen.
Bei Uhrwerken herrscht im Ölsystem überwiegend die hydrostatische Grenzschmierung vor, d.h. es sind hohe Drücke der Komponenten (z.B. in den Lagern) bei geringen Geschwindigkeiten zu erwarten. Das Öl muß daher, um ein Durchbrechen des Ölfilms und eine reibende Berührung der sich gegeneinander bewegenden Teile zu verhüten, druckfest und von möglichst hoher Viskosität sein. Abnutzungen im Werk zeigen, daß dieses Ziel häufig nicht erreicht wurde; der Ölfilm wurde durchdrückt und durchbrochen.
Die hydrodynamische Schmierung hingegen bedingt geringe Drücke und hohe Geschwindigkeiten der sich bewegenden Teile. Das Öl wird durch die Komponenten hindurchgespült, wodurch die Gefahr, die Kontinuität des Schmiermittels zu durchbrechen, gering ist. Die Druckfestigkeit und Viskosität spielen bei der hydrodynamischen Schmierung eine kleinere Rolle; dieselbe ist im Uhrwerk übrigens nur im Bereich des schnell laufenden Windflügels anzunehmen. Das verwendete Öl muß den entsprechenden Forderungen angepaßt sein, d.h. im Antriebsbereich Öl mit hoher Druckfestigkeit und Viskosität, dem in Richtung Hemmung oder Windflügel stufenweise solche mit niedrigen Werten folgen. Nie vergessen darf man allerdings, daß hohe Viskosität auch bremst. Diese Tatsache kann

Abb. 17
Ein für die Ölhaltung schlicht tödlicher Punkt ist das sog. Nachölen, welches von der irrigen Annahme ausgeht, daß Uhrenöl verdampft. Das in Wirklichkeit verlaufene Öl hat aber für das nachgeschüttete bereits eine Bahn geschaffen, auf der dieses um so schneller abfließt, und zwar mit katastrophalen Folgen.

Abb. 18
Gelegentlich hat man den Eindruck, daß Uhren wie Dampfmaschinen geölt werden. Beim Nachölen weiß man nicht einmal, ob altes und neues Öl kompatibel sind. Nachschmieren bei Uhrwerken ist überflüssig, sinnlos und führt zu Schäden.
Interessant ist es zu überlegen, ob eine Uhr überhaupt noch geschmiert werden muß. Der Gedanke mag verblüffend sein. Aber Uhrwerke, die nie laufen sollen - etwa im Museumsbereich, oder alte und stark abgenutzte Werke -, bedürfen keiner Ölung. Hier wird man nach einer Reinigung mit Vorteil nur die Federhäuser, Gesperre etc. versorgen, die ohne Zerlegung nicht zu erreichen sind. Die Möglichkeit der späteren Öl-Nachversorgung ist somit jederzeit gegeben.
Das Schmieren der Federhäuser ist unproblematisch, wenn auf geeignete Fette mit Hockdruckzusätzen wie Molybdändisulfid oder Graphit zurückgegriffen wird. Das Federhaus ist im übrigen ein fast geschlossenes System, welches Fett gut an Ort und Stelle hält. Auch die Kadraturteile der Schlagwerke sowie die Gesperre sollten gefettet werden, möglichst mit einem halbflüssigen, thixotropen Fett (s.u.). Die Kadraturachsen sind allerdings wegen der Bremswirkung des Fettes wie Lagerzapfen zu Ölen. Entgegen einer Überölung ist eine Überfettung meist ohne schädliche Folgen. Das Fetten läßt sich auch leichter Überwachen als das Ölen. Fette sollte man überall dort verwenden, wo keine Kapillarkräfte, wie etwa im Gleitlager der Uhrwerke, das Öl festhalten 13.
Das Schmieren der Lager bei antiken Uhren ist allerdings häufig problematisch. Es muß mit großen Toleranzen zwischen Lagerloch und Lagerzapfen gerechnet werden, wodurch mangels fehlender Kapillarität, z. B. bei senkrecht stehenden Platinen, im oberen Teil des Lagers die Ölhaltung schlecht ist (Abb. 4b). Nur im Unterteil des Lagers, in der Nähe der Auflage des Zapfens, halten Kapillarkräfte das Öl sicher fest.

Abb. 19
Die alte Angabe, ein Lager zu 3/4 mit Öl zu füllen9, ist sicher nur für modernere Uhren mit kleinen Lagertoleranzen zulässig. Antike Werke mit großen Toleranzen sollten maximal zu 1/4 bis 1/3, im Lagerspalt versorgt werden, will man kein durch Spreitung bedingtes Abfließen des Öles riskieren. In der Ölsenkung selbst hat Öl nichts zu suchen. Die Spreitung läßt es verlaufen, um so schneller, je flacher die Senkung ist. Auch wird durch Öl in der Senkung die Reaktionsfläche zwischen diesem und dem Luftsauerstoff vergrößert, was nicht wünschenswert ist. Diese Überlegungen gelten strenggenommen nur für senkrecht stehende Platinen; bei horizontal liegenden Werken sind die Verhältnisse noch ungünstiger, weil das Öl durch das Lager hindurch auf die Platinenrückseite fließen kann.

Abb. 20 a, b
Daß Uhrenlager nur sehr geringe Mengen Öl benötigen, ist eine alte Uhrmacherweisheit 2, 6, 14, 27 (Anhang XVI), trotzdem ist Überölung immer noch ein häufiger Fehler. Gelegentlich entsteht er dadurch, daß man unsicher ist, ob genügend Öl vom Ölgeber abgeflossen ist. Eine Überprüfung mit starker Lupe bringt hier Klarheit.

Abb. 21
Überflüssiges Öl
kann mit Filtrierpapierschnipseln abgesaugt werden, die gegenüber Öl inert sind.
Eine absolut winzige Ölmenge gehört in Endlager. Die Endlagerplatte sollte epilamisiert werden; noch besser ist die Versorgung bei Großuhren mit einem halbflüssigen Fett. Stets muß der Ölgeber vor dem Eintauchen in das Öl trocken sein, um eine definierte Menge entnehmen zu können. Da die in der Uhr zu schmierenden Teile meist offene Systeme bilden, die dem Abfließen des Öles nur Kapillarität und ggf. Epilamisierung entgegensetzen können, muß, wo möglich, Fett in Betracht gezogen werden. Eine ganze Reihe steht heute für die Versorgung von Uhrwerken zur Verfügung -sie müssen aber kritisch ausgewählt und angewendet werden. Ursprünglich wurden Fette im Maschinenbau nur dort verwendet, wo ein geschlossenes System gegeben war (z.B. die alte Staufferbüchse) oder ohne Schwierigkeit nachgefettet werden konnte. Fett hat nämlich eine lästige Eigenschaft: Im Gegensatz zum Öl läßt es sich beiseite drücken oder schieben und wird so schnell unwirksam. Hier können thixotrope, halbflüssige Fette helfen (Anhang XVII). Bis zu einem gewissen Grade fließen diese Fette in ihre alte Position zurück, sobald die Verdrängungsbewegung fortfällt.
Zur Fettung in Frage kommen größere Wellenzapfen, Federhäuser und, wie schon angedeutet, Kadraturhebel, Gesperre etc.

Abb. 22
Neben den halbflüssigen Fetten werden seit geraumer Zeit sog. Fette mit PTFE (Microteflon) angeboten 9. Sie bestehen aus einem synthetischen Öl, das mit Microteflon eingedickt wird.
Die technischen Meßwerte, inklusive Alterungsbeständigkeit, sind hervorragend. Das dem Verfasser zur Verfügung stehende Fett war allerdings in der Konsistenz (Werkangabe: medium soft) zu dick. Es drückte sich leicht aus den Lagern und anderen gefetteten Stellen und hatte keine Neigung, zurückzufließen (Anhang XVIII). Der Verfasser hat daher das Fett mit seinem Basisöl verdünnt, und zwar auf 45 g Fett 10 ml Öl, wodurch ein eher halbflüssiges Fett entstand und das Manko zunächst, zumindest teilweise, beseitigt schien.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß dieses Öl-Teflon-Gemenge zur Entmischung neigt; einmal schon im Vorratsgefäß, in unverdünnter Form, aber auch von gefetteten Stellen neigt das Öl zum Spreiten, unter Zurücklassung des PTFE. Die auf dem Liefergefäß vorhandene Angabe: »Vor Gebrauch aufrühren« sollte allein schon zu denken geben! Ob das Produkt in diesem Zusammenhang den Drücken der Grenzschmierung widersteht, bleibt abzuwarten - das Basisöl hat immerhin nur eine Viskosität von 150 mm2/sec bei 20º C.
Eine weitere unangenehme Eigenschaft dieses Microteflonfettes ist seine reinweiße Farbe, die im sichtbaren Bereich der antiken Uhrwerke nicht gerade vorteilhaft wirkt. Langzeitversuche (immer über mehrere Jahre!) liegen dem Verfasser nicht vor; bei wertvollen Werken sollte man jedoch sehr zurückhaltend sein!

Abb. 23
Ein interessantes Thema ist das Schmieren der Triebe und somit auch der Zahnräder -in der Uhrmacherei eigentlich kein Thema, da Triebe schulmäßig nicht geölt werden. In der Praxis findet man aber nicht selten geölte bzw. überölte Triebe und Räder. Als Grund für das Trockenbelassen wird meist angegeben, daß auf Triebe fallender Staub durch das Öl auf den Triebflügeln haften bliebe, nicht in den Triebgrund gedrückt würde und somit abrasive Wirkung entfalte. Man darf spekulieren, daß ein weiterer Grund die Form vieler Triebe ist, die eine Ölhaltung nicht gerade begünstigt. Das gilt natürlich nicht für alle Triebe, siehe z.B. solche in englischen Marinechronometern und sehr guten Taschenuhren. Besonders kritisch sind Stellen, an denen Zahnräder auf Triebe genietet wurden. Voraussetzung zum trockenen Laufen sind präzise geometrische Formen der Trieb- und Räderzähne, harte polierte Wälzungen und geringe Toleranzen der Zapfen und Lager; diese Gegebenheiten findet man allerdings bei antiken Uhren um so seltener, je älter sie sind. Folgende Überlegungen sollte man einbeziehen: Das präziseste Räderwerk zeigt neben dem Abrollen der Zahnflanken immer Reibung vor und hinter der Eingriffslinie. Diese Reibung ist umgekehrt proportional zur Präzision der Getriebe und um so größer, je weniger Zähne das getriebene Rad hat. Der Effekt des unregelmäßigen Drehmomentes von jedem Zahn hat kumulative Wirkung auf den Drehmomentausgang der Zahnradkette; Schwankungsbreiten von 1:5 sind nicht selten und betragen bei gut konstruierten Werken und Zahnoberflächen von guter Qualität immer noch 1:2. Diese Reibungen samt den Folgen könnten durch Schmierung sicher gemildert werden.
Die genannten Verschmutzungen bestehen heutzutage überwiegend aus organischem Hausstaub. Kutschen, die anorganischen Straßenstaub aufwirbeln, gibt es nicht mehr, und Uhren, die evtl. in der Nähe eines Tagebaubergwerkes betrieben werden, sollen außer acht gelassen werden (Anhang XIX). Der Verfasser konnte in der Literatur keine Hinweise finden, ob Hausstaub überhaupt abrasiv wirkt (Anhang XX). Ergänzend muß festgestellt werden, daß Staub, der auf trockene Triebe gefallen ist, aufgrund der Newtonschen Massenanziehung mit Sicherheit nicht mehr abfällt. Er kann in den Zahngrund geschoben werden oder auf den Zähnen liegenbleiben. Übrigens findet man auch bei geölten Trieben in den Zahngrund geschobenen Schmutz. Ob eingelaufene Triebe während einer Trockenlaufphase oder nach Ölung (in beiden Fällen Laufzeiten über viele Jahrzehnte!) abgenutzt wurden, ist nicht mehr feststellbar und wohl noch nie untersucht worden.

Abb. 24a-c
Diese Faktoren müssen bei antiken Uhren gegeneinander abgewogen werden. Der Verfasser glaubt sich aber auf der sicheren Seite, wenn er Triebe fettet bzw., wenn dies aus Gründen der Fettviskosität nicht möglich ist, ölt - allerdings so wenig wie möglich. Hemmungsräder werden nach Epilamisierung immer geölt.
Eine gewisse Entscheidungshilfe bietet ein einfaches Experiment: Man läßt das Uhrwerk ohne und mit geschmierten Trieben laufen und beobachtet Pendelausschlag bzw. Unruhschwingung, Geräusch der Hemmung und des Schlagwerkes. Lautere Geräusche sind stets mit größerer Reibung und Energieverlust verbunden.
Der Verfasser ist sicher, daß das Thema der Räderschmierung bei antiken Uhren damit nicht ausdiskutiert ist, und würde sich über die Zuschrift verschiedener Meinungen freuen.

Schließlich muß noch die Konservierung kurz gestreift werden. Auf anderen Gebieten der Antiquitätenrestaurierung ist eine Konservierung obligatorisch. Kein Gemälderestaurator, Möbelrestaurator, Metallrestaurator -um nur einige augenfällige Beispiele zu nennen -würde bearbeitete Oberflächen unkonserviert belassen. Bei antiken Uhren besteht hier ein gewaltiger Nachholbedarf, warum, ist dem Verfasser unklar, insbesondere da der Restaurierungserfolg möglichst Jahrzehnte bestehen bleiben soll und die antiken Uhren nicht immer in kontrollierter Museumsatmosphäre stehen. Es ist z.B. hinlänglich bekannt, daß ein Rostvorgang, auch nach Entrostung, gern wieder aktiv wird, was sicher mit der großen Oberfläche der Rostnarben zusammenhängt. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Meinung, daß Rostvorgänge stagnieren, wenn die relative Luftfeuchtigkeit unter 60% gehalten wird, sind einige Autoren der Ansicht, Rost kann schon bei 10% relativer Feuchtigkeit auftreten 21. Diese Feststellung muß ernst genommen werden, ist doch Rost einer der größten Feinde der antiken Uhr. Eisen- und Stahlteile sollten, wenn auch nur geringe Rostgefährdung besteht, mit mikrokristallinem Wachs, gelöst in White Spirit (Terpentinersatz), behandelt werden. Diese halbsynthetische Substanz wird im Gegensatz zu Bienenwachs hart, kann also angefaßt werden, und Staub klebt nicht fest. Öle und Fett sowie diverse von der Industrie angebotene Produkte sind für Antiquitäten ungeeignet.
Messing braucht nur konserviert zu werden, wenn es vor Berührung nicht geschützt werden kann oder schädlichen atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt ist.

Abb. 25
Hierfür eignet sich z.B. Paraloid B 72, ein in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelöstes Äthyhnetacrylatpolymer. Weitere Hinweise zur Konservierung würden den Artikel bei weitem sprengen.
Reinigung, Schmierung etc. sind Teil einer Restaurierung/Konservierung und müssen detailliert im Restaurierungsbericht festgehalten werden, der bei jeder Antiquität zu erstellen ist (Anhang III) . Der nächste Restaurator steht dann nicht mehr vor vielen Fragezeichen, sondern kann seine Maßnahmen von vornherein besser planen. Sollten bei einer antiken Uhr zwischenzeitlich Schäden auftreten, kann anhand des Restaurierungsberichtes abgeschätzt werden, ob diese in der Struktur des Teiles liegen, oder restauratorische Ursachen maßgebend sind. Die vom Verfasser vorgeschlagenen Verfahren bedeuten in der Praxis kaum den Einsatz von wesentlich mehr Zeit oder finanziellen Mitteln. Der Restaurator/Konservator kann aber sicher sein, seinen Teil zur Erhaltung alten Kulturgutes geleistet zu haben.

Anhang

  1. Die Begriffe Restaurator und Konservator werden heute synchron gebraucht, wobei der Restaurator im internationalen Sprachgebrauch dein Konservator weicht 20, 31.
  2. In den meisten Fällen handelt es sich um Korrosion. Im Corrosion Education Manual der Europäischen Föderation Korrosion wird der Begriff folgendermaßen definiert: »Angriff an einem Werkstoff durch Reaktion mit der Umgebung und daraus erfolgender Minderung der Werkstoffeigenschaften. Wenn nicht besondere Angaben gemacht werden, so sind üblicherweise metallische Werkstoffe gemeint, wobei dann eine Oxidation durch Valenzerhöhung (d.h. Bildung von Kationen) erfolgt... Der Begriff Korrosion bezieht sich sowohl auf den Vorgang wie auch auf den dadurch hervorgerufenen Schaden ... « "'
  3. Auf die anerkannte Ethik der Konservierungspraxis kann hier nicht näher eingegangen werden, als Schlagworte kann man jedoch ausführen:
  4. Erhaltung der wahren Natur der Antiquität. Respekt vor der Integrität des Objektes. Höchster Arbeitsstandard, auch wenn gewisse Umstände den Umfang der Restaurierung begrenzen. Die Restaurierung muß reversibel sein. Verfahren und Materialien wählen, die den geringsten Eingriff bedeuten. Die eigenen Grenzen erkennen! Dokumentation der Restaurierung/Konservierung.
  5. Ein Faltblatt zu diesem Thema ist erhältlich bei: Arbeitsgemeinschaft der Restauratoren ADR, Kirchzarten, Tel. 07661/61036, Fax 07661/62150, sowie United Kindom Institute for Conservation 37 Upper Addison Gardens London W14 8AJ.
  6. Klassische Öle und Fette sind Ester (= Alkohol + Säure) des Glycerins (= ein dreiwertiger Alkohol) mit 3 Molekülen Fettsäure 29.
  7. Die Alterung des Öles kann auf verschiedene Art gemessen werden, z.B. über die veränderte Viskosität im Baader-Apparat 7.
  8. Die extrem wichtige Größe der Viskosität wird durch die sog. kinematische Viskosität bestimmt. Die gebräuchliche Einheit ist 1 mm2/sec; auch die alte Einheit cSt (Centistoke) ist noch im Gebrauch. Beide Einheiten sind identisch. z.B. Etsynta Silber K7132/10000, welches bei 20º C eine kinematische Viskosität von 10 000 (!) mm2/sec hat. z.B. Moebius D/5, welches bei 20º C eine kinematische Viskosität von 1250 mm2/sec hat.
  9. Ammoniaklösungen können unter Bildung von instabilen Komplexverbindungen aus dem Messing in entsprechend langer Zeit erhebliche Mengen Kupfer, und in der Folge auch Zink, herauslösen 16, 17, 19. Durch Zerfall dieser Verbindungen lagert sich dann Kupfer auf dem zu reinigenden Messing oder Stahl ab (Redeposition). Der Vorgang der Ablagerung hat nichts mit der chemischen Spannungsreihe zu tun, sondern beruht nur auf der Instabilität der Komplexverbindungen und gelegentlich auf der Bildung elektrochemischer Elemente, wenn sich im Bad verschiedene Metalle berühren.
  10. Der ph-Wert findet sich nicht mehr ausschließlich in Chemiebüchern, sondern auf vielen Kosmetikartikeln und Haushaltsreinigern. Er gibt an, wie sauer oder alkalisch z.B. eine Flüssigkeit ist (0 = extrem sauer, 7 = neutral, 14 = extrem alkalisch). Menschliches Blut hat einen ph-Wert von 7,4, ist also gering alkalisch.
  11. Flugrost ist, wie immer wieder irrtümlich angenommen, kein angeflogener Rost, denn Rost kann nicht fliegen. Es ist eine hauchdünne Rostschicht gemeint, die sich abbürsten läßt.
  12. Es sei daran erinnert, daß in der Chirurgie feine und feinste Operationen unter dem Operationsmikroskop ausgeführt werden -natürlich mit Gummihandschuhen!
  13. Wer sich eingehender mit Lösungs- und Reinigungsmitteln beschäftigen möchte, dem sei das instruktive und leicht lesbare Büchlein (49 Seiten) empfohlen: Giorgio Torraca, Solubility and Solvents for Conservation Problems. ICCROM 1984, Rom, Italien.
  14. Bei einer Flüssigkeit entsteht die Oberflächenspannung durch Molekularkräfte, die das Bestreben haben, die Flüssigkeitsoberfläche zu verkleinern 13. Oberflächenspannungen werden in dyn/cm oder mN/m gemessen. Einige Werte für synthetische Öle sind: Moebius 9010 9020 9027 33,8 34,8 35,5 dyn/cm bei 25º C Etsyntha Silber Silber hv Clock 859 31 25 32 mN/m Da die von den Firmen angegebenen Dimensionen dyn/cm und mN/m identisch sind, ergibt die obere Reihe bessere Werte.
  15. Randwinkel einiger synthetischer Öle: Moebius 9010 9020 9027 auf Rubin 22-25º 24-29º 23-30º auf Stahl 15-18º 20-24º 14-18º Nach Epilamisierung werden Randwinkel von mehr als 45º erreicht 9, 24.
  16. Die einzige Ausnahme, die der Verfasser in der Literatur finden konnte, ist 15, betr. Taschenuhren. Hier wird sehr interessant und ausführlich die Pumpwirkung und Kapillarität der Zapfenansätze besprochen.
  17. Thixotropie: Vorübergehende Verflüssigung bestimmter Substanzen durch Schütteln, Rühren und andere Erschütterungen.
  18. Etsyntha Fett Clock 859 PTFE. Nach Angaben der Firma D. Tillwich GmbH kann das Fett mit seinem Basisöl Clock 859 verdünnt werden.
  19. Bei Marinechronometern kaum, bei Tankuhren überhaupt kein Thema!
  20. Es ist interessant, daß im Maschinenbau Evolventen, die viel unkritischer sind als die in der Uhrmacherei verwendeten Zycloiden, auch im Freien, also unter extrem schmutzigen Verhältnissen, geschmiert werden. Man betrachte einmal Zahnstange und -rad einer Bergbahn!


Literatur:

  1. Bertele, H. v.: Marine- und Taschenchronometer. Callwey Verlag München, 1981. Dort auch weitere Literatur.
  2. Britten, F. J.: The Watch-& Clockmaker's Handbook. 14th Ed. Chemical Pubfishing Comp. NewYork, 1938.
  3. Chainberlain, P. M.: It's about Time. The Holland Press London, 1964.
  4. Daniels, G.: Watchmaking. Sotheby Publication London, 1981.
  5. Davis, W. O.: Gears for small Mechanisins. NAG Press London, 1970.
  6. de Carle, D.: Practical Watchrepairing. NAG Press London, 1971.
  7. Dürr, F.: Künstliche Alterung bei mechanisch-dynamischer Beanspruchung von Ölen der Feinwerktechnik. DGC, 1987. Dort auch weitere Literatur.
  8. Gazely, W. J.: Watch and Clockmaking and Repairing. Newnes-Butterworth London, 1978.
  9. Produktdokumentation Etsyntha Chemie Dr. Tiflwich, 7240 Horb, ohne Jahresangabe.
  10. Geffings, P. J.: Korrosion und Korrosionsschutz von Metallen. Carl Hanser Verlag München, 1981.
  11. Glaser, G. (Herausgeber): Handbuch der Chronometrie und Uhrentechnik. Stuttgart, 1987.
  12. Gould, R. T.: The Marine Chronometer. The Holland Press London, 1971
  13. Grimsehl: Lehrbuch der Physik, Bd. 1. Teubner Verlag Leipzig, 1957
  14. Grosch, IL, Dietzschold, C., Hüttig, A.: Praktisches Handbuch für Uhrmacher. B. F. Voigt Verlag Leipzig, 1907
  15. Herkner, K.: Deutsche Uhrmacherschule Glashütte. S. 452. Herkner Verlag Dorinagen, 1985.
  16. Hofmann, Rühdorff. Anorganische Chemie, 21. Aufl., Vieweg &Sohn Braunschweig, 1973.
  17. Horological Journal, Febr. 1983, Correspondence.
  18. Landes, D. S.: Revolution in Time. Harvard Univ. Press Cambridge, Mass., 1983.
  19. L., W.: Ein unerkannter Fehler beim Stahlbläuen. UHREN, Callwey Verlag München, 1987. 19a.
  20. L., W.: Die elektrolytische Entrostung. Jahrbuch der Freunde alter Uhren, 1978.
  21. L.,W.: Leserzuschrift.UHREN 6/1992, Callwey Verlag, München.
  22. Conservation of Iron. Maritime Monographs and Reports. Nat. Maritime Museum 1982, S. 14; S. 2 1.
  23. Meyers großes Konversationslexikon, 6. Aufl. 1907, Bd. 11, S. 832.
  24. Technische Information. H. Moebius & Fils, Allschwil, BI., CH-4123 Schweiz.
  25. Technische Information für Präzisionsöle. H. Moebius & Fils, ohne Jahresangabe.
  26. Mühlethaler, B.: Kleines Handbuch der Konservierungstechnik. Paul Haupt Bern, 1979.
  27. NN: Epilames et Epilamages. Bericht aus dem Schmierkurs des Laboratoire Suisse Recherche HorlogÈres. Ohne Jahresangabe.
  28. Penman,L.:Penman's Page. Clocks7/1991. Argus Speciafist Publications, Hernpstead, Herts, England.
  29. Reddyhoff, G.: AHS Meeting, 23. May 1992. Antiqu. Horology XX, 3, 1992, S. 245.
  30. Schrader, B.: Kurzes Lehrbuch der org. Chemie. 2. Aufl. W. de Gruvter Berlin, 1985.
  31. Schultz, W.: Der Uhrmacher am Werktisch. Strauß Berlin, 1919.
  32. Simpson, M. T., Huntley, M. (Edit.): Sotheby's Caring for Antiques. Coran Octopus London,1992.
  33. Tillwich, M. in 11, Bd. 2, S. 137 ff.: Schmierstoffe für Uhren.
  34. Treboux, M., 11. Moebius & Fils: Diverse pers. Mitteilungen.
  35. Wilding, J.: How often should mechanical clocks be serviced? Clocks, 8/1992. Argus Speciafist Publications, liempstead, Herts, England.
  36. Hobby Tip Nr. 130 der Hobbythek, WD Rundfunk, ohne Jahresangabe.